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Landgericht Augsburg

Pressemitteilung 4 vom 30.03.2023

Wemdinger Impfarzt - Akkreditierungsverfahren angeordnet

Im sog. Verfahren „Wemdinger Impfarzt“ hat die Vorsitzende der 15. Strafkammer mit Verfügung vom 30.03.2023 die Durchführung eines Akkreditierungsverfahrens für Journalisten angeordnet. Die Hauptverhandlung beginnt am 02.05.2023. Wegen der Einzelheiten des Akkreditierungsverfahrens wird auf die anliegende Verfügung und insbesondere die dort genannten Fristen verwiesen. Ein Formular ist für die Akkreditierung nicht vorgegeben. Die Akkreditierungsgesuche werden unverzüglich nach Ablauf der Bewerbungsfrist bearbeitet.
Dem angeklagten Mediziner (73 Jahre) wird vorgeworfen, von Mitte April bis Ende September 2021 einer dreistelligen Zahl von Patienten eine Impfung lediglich vorgetäuscht zu haben, so dass diese gutgläubig von einer Impfung ausgingen, tatsächlich aber keinerlei Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus entwickelten. Diese vermeintlichen Leistungen soll der Angeklagte gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern abgerechnet haben. Darüber hinaus soll er im Zusammenwirken mit anderen Patienten die Durchführung einer Impfung in deren Impfpässen dokumentiert haben, ohne eine solche durchzuführen. Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg – Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen – wirft dem Angeklagten daher vorsätzliche Körperverletzung, Betrug und wissentliche unrichtige Dokumentation von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus (§ 74 Abs. 2 IfSG) vor.


Verfügung
Es ist beabsichtigt, akkreditierten Journalisten an den Hauptverhandlungsterminen bevorzugten Zutritt auf reservierte Sitzplätze im Zuhörerbereich des Sitzungssaals zu gewähren. Zur Vorbereitung der Hauptverhandlungstermine wird gemäß § 176 GVG angeordnet:

1.   Es wird die Durchführung eines Akkreditierungsverfahrens angeordnet. 

2.   Zur Akkreditierung berechtigt sind unabhängige freie Journalisten, Kameraleute, Fotografen und Medienunternehmen. Medienunternehmen akkreditieren sich durch einen für das Unternehmen tätigen Journalisten. Die Akkreditierung ist innerhalb des Medienun¬ternehmens frei übertragbar. Dies gilt auch dann, wenn der Journalist, der sich stellvertretend für das Medium akkreditiert hat, aus dem Medienunternehmen ausscheidet. Unter denselben Bedingungen können sich Medienunternehmen separat für eine Zugangsberechtigung eines Kamerateams/Fotografen akkreditieren.

3.   Alle an einer Teilnahme interessierten Medienunternehmen und freien Journalisten werden gebeten, sich per E-Mail unter Übermittlung eines gültigen Presseausweises bzw. Ausweises einer Rundfunk- oder Fernsehanstalt im Sinne der Mediengesetze  und/oder eines Referenzschreibens (Beschäftigungs- oder Auftragsbestätigung) ei¬nes solchen Unternehmens oder eines sonstigen Nachweises ihrer journalistischen Tätigkeit bei der Pressestelle des Landgerichts Augsburg unter Angabe Ihrer Tätigkeit als Redakteure, Fotografen und Kamerateams per e-mail an die e-mail Adresse 

PRESSE_STRAF@lg-a.bayern.de

mit Betreff Akkreditierung „Wemdinger Impfarzt“ zu akkreditieren. 
Akkreditierte Medienunternehmen erhalten die Zugangsberechtigung für jeweils eine Journalistin bzw. einen Journalisten.Auf anderen Wegen eingehende Akkreditierungsgesuche können nicht berücksichtigt werden und werden auch nicht weitergeleitet.
Die Akkreditierungsfrist beginnt am

Montag, den 03.04.2023 um 09.00 Uhr und endet am Freitag, den 14.04.2023 um 12.00 Uhr.

Akkreditierungsgesuche, die vor Beginn oder nach Ablauf der Frist eingehen, können nicht berücksichtigt werden.Es wird darauf hingewiesen, dass eine Nachakkreditierung von Journalisten auch bei längerer Dauer des Verfahrens nicht möglich ist.

4. Mit der Durchführung des Akkreditierungsverfahrens wird die Pressestelle des Landgerichts Augsburg beauftragt.

Gründe:

1.) Die Durchführung eines vorgeschalteten Akkreditierungsverfahrens ist für die Auswahl des Sitzungssaals erforderlich. 

2.) Der Anordnung des Akkreditierungsverfahrens liegen dabei folgende Ermessenserwägungen zugrunde (BVerfG NJW 2020, 38): 

(1) Die Reservierung von Plätzen für Medienvertreter folgt aus Nr. 125 Abs. 3 RiStBV. Danach soll das Gericht für die Presseberichterstatter im Voraus geeignete Plätze in ausreichender Zahl bereitstellen. Im Ermittlungs- und im Zwischenverfahren war eine erhöhte Aufmerksamkeit der Presse festzustellen. So wurde bereits im Ermittlungsverfahren in überregionalen Medien, teilweise sehr ausführlich, berichtet. Die Sitzplatzreservierung ist in diesen Fällen zulässig und erforderlich (vgl. zum Ganzen MüKoStPO/Kulhanek, 1. Aufl. 2018, GVG § 176 Rn. 29). 
(2) Die reservierten Plätze stehen grds. nur akkreditierten Medienvertretern zur Verfügung. Die Beschränkung der Sitzplatzreservierung auf akkreditierte Me¬dienvertreter ist von der sitzungspolizeilichen Befugnis des Vorsitzenden um¬fasst (BVerfG NJW-RR 2007, 1053, MüKoStPO/Kulhanek, 1. Aufl. 2018, GVG § 176 Rn. 30). Sie ist erforderlich, um allen Medienvertretern die gleichen Chancen auf eine garantierte Zugangsmöglichkeit zu den reservierten Plätzen zu geben. Mit der Durchführung des Akkreditierungsverfahrens wird geprüft, ob ein eingehendes Akkreditierungsgesuch von einem Medienschaffenden gestellt wurde. Der Prüfung der journalistischen Betätigung von Personen, die sich auf die reservierten Plätze bewerben, kann aus organisatorischen Gründen nicht erst am Sitzungstag erfolgen. Zur Prüfung eines Gesuchs können im Einzelfall Ermittlungen nötig sein. Dies gilt insbesondere für ausländische Medienvertreter oder Vertreter von Online-Angeboten, deren journalistisches Schaffen nicht offensichtlich ist (vgl. zur Journalisteneigenschaft von Bloggern: VGH München, Beschluss vom 27.01.2017, 7 CE 16.1994, VG Augsburg, Beschluss vom 31.05.2016, ZD 2016, 548, beck-online, BeckOK InfoMedienR/Lent, 27. Ed. 1.11.2020, MStV § 18 Rn. 9). Diese - zur Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes notwendige - Überprüfung kann angesichts des erwarteten Medienandrangs nicht erst am Sitzungstag erfolgen. Nur an den Tagen, an denen die reservierten Plätze nicht vollständig von akkreditierten Journalisten besetzt werden, können auch Medienvertreter, deren journalistische Betätigung überprüfbar ist, auf die reservierten Plätze vorgelassen werden.
Um zu garantieren, dass sämtliche Interessenten die gleichen Zugangschan¬cen haben, ist eine Nachakkreditierung nicht möglich.
(3) Zur Gewährleistung der Medienvielfalt erhalten freie Journalisten, die ausschließlich für ein Medium tätig sind, die Möglichkeit der Akkreditierung nur über das Medienunternehmen selbst, für das sie tätig sind.