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Staatsanwaltschaft München I

Justiz ist für die Menschen da – Recht Sicherheit Vertrauen

Pressemitteilung 09 vom 14.12.23

Anklageerhebung im Komplex "Wirecard" gegen ehemaligen Finanzvorstand

Die Staatsanwaltschaft München I hat mit Anklageschrift vom 12.12.2023 Anklage wegen des Verdachts der Unrichtigen Darstellung, Marktmanipulation, des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs, der Untreue sowie Beihilfe zur Unrichtigen Darstellung und zum gewerbs- und bandenmäßigen Betrug gegen den ehemaligen Finanzvorstand der Wirecard AG, den Angeschuldigten L., erhoben. 

Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage von folgendem, vor Gericht noch zu beweisenden Sachverhalt aus:

Dem Angeschuldigten wird zur Last gelegt, es im Zusammenschluss mit den anderweitig Verfolgten Dr. Braun, von E., B. und M. unternommen zu haben, durch Vortäuschung des sogenannten TPA-Geschäftes (TPA steht für Third Party Aquirer) die Umsätze und Erlöse der Wirecard AG zu manipulieren, wodurch in den Konzernjahresabschlüssen die finanziellen Verhältnisse der Wirecard AG und des Wirecard-Konzerns falsch dargestellt wurden. Zugleich wurden diese unrichtigen Zahlen gegenüber dem Kapitalmarkt mit dem Ziel kommuniziert, den Kursverlauf der Wirecard Aktie durch die fingierten Finanzkennzahlen zu beeinflussen. 

Der Angeschuldigte wusste, dass mit Übernahme der unrichtigen Buchungszahlen die Konzernbilanz ebenfalls falsch wurde und unterzeichnete als CFO gleichwohl die Abschlüsse für die Jahre 2015 und 2016.

Die manipulierten Jahresabschlüsse und die darin unrichtig wiedergegebenen Umsätze und Erlöse des Wirecard Konzerns dienten zugleich als Grundlage für die Erlangung von Finanzierungsmitteln durch Banken. Der Angeschuldigte wusste, dass die Richtigkeit der Jahresabschlüsse wesentliches Kriterium für die Darlehensgewährung durch Banken gewesen ist. 

Der Angeschuldigte handelte dabei im Zeitraum zwischen 2015 bis einschließlich 2017 aufgrund seiner Stellung und Einbindung in die Tathandlungen im Wirecard-Konzern täterschaftlich. Ab dem 01.01.2018 leistete er nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen durch Beratungsleistungen für die im Jahr 2018 durch die restlichen Bandenmitglieder begangenen Straftaten der unrichtigen Darstellung, Marktmanipulation und des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs weiterhin Beihilfe.

Darüber hinaus hat sich der Angeschuldigte durch Übernahme einer Bürgschaft für ein Darlehen der Wirecard Bank durch die Wirecard AG der Untreue gegenüber der Wirecard AG schuldig gemacht. Die Bürgschaftsübernahme für ein sogenanntes MCA-Darlehen („Merchant Cash Advance“, angeblich eine Art Betriebsmittelkredit) der Wirecard Bank an ein singapurisches Unternehmen erfolgte ohne jegliche Prüfung und Absicherung.

Durch die Handlungen des Angeschuldigten ist den durch die unrichtigen Bilanzzahlen getäuschten Banken ein Schaden in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro entstanden. Durch die Untreuehandlung gegenüber der Wirecard AG ist ein Schaden von mehreren Millionen EUR entstanden.

Die Anklage geht aus den seit 2020 geführten umfassenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Sachen Wirecard hervor, bei der ein Team aus mehreren Staatsanwälten zusammen mit einer Sonderkommission der Polizei umfangreiche und komplexe Ermittlungen durchführt. Mit der vorliegenden Anklage konnte nunmehr ein weiterer Teilaspekt dieser Ermittlungen abgeschlossen werden. In zahlreichen weiteren Einzelkomplexen und neu hinzugekommene Ermittlungssträngen werden die Ermittlungen unter Hochdruck weitergeführt.

Über die Eröffnung des Hauptverfahrens und damit über eine mögliche Terminierung der Hauptverhandlung wird die zuständige 12. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München I entscheiden.




gez.

Leiding

Oberstaatsanwältin

Pressesprecherin