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Staatsanwaltschaft München I

Justiz ist für die Menschen da – Recht Sicherheit Vertrauen

Pressemitteilung 01 vom 24.04.24

Umfangreiche Ermittlungen gegen die Nigerianische Mafia mit Festnahmen und Durchsuchungen in mehreren Bundesländern

Mehr als 330 Einsatzkräfte durchsuchten gestern, 23. April 2024, ab 06.00 Uhr, 19 Objekte in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg. Dabei konnten aufgrund bereits zuvor erlassener Haftbefehle elf Personen festgenommen werden, die gestern im Laufe des Tages den zuständigen Ermittlungsrichtern vorgeführt wurden.

Aufgrund von Strukturerkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz und Informationen und Analysen des Bundesnachrichtendienstes ermitteln drei Kriminaldienststellen (Bayerisches Landeskriminalamt, Polizeipräsidium Oberbayern Süd und Polizeipräsidium Schwaben Nord) im Rahmen einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft München I seit mehr als zwei Jahren gegen Angehörige der nigerianischen Bruderschaft Confraternity Black Axe alias Neo Black Movement of Africa (NBM). Bei dieser Gruppierung handelt es sich um eine von mehreren Confraternities, die auch als Nigerianische Mafia bezeichnet werden. Diese weisen streng hierarchische Strukturen unter einer Führung in Nigeria auf und haben nachgeordnete Hierarchieebenen, die sich in Verteilung und Größe an territorialen sowie strukturellen Gegebenheiten orientieren. Innerhalb dieser einzelnen Organisationseinheiten bestehen feste Ämter, die klar definierte Aufgaben wahrnehmen und ein Regelwerk, das einem eigenen Rechtssystem gleicht.

Die in Bayern geführten Ermittlungen begründeten den dringenden Tatverdacht, dass die Angehörigen der Confraternity Black Axe als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung auch international in verschiedensten Deliktsfeldern aktiv sind. Ihre hauptsächlichen kriminellen Aktivitätsfelder in Deutschland bilden Betrug im Rahmen des sog. Love/Romance Scammings und Geldwäsche. Für das Love/Romance Scamming, das auch als moderne Form des Heiratsschwindels bezeichnet wird, gaukeln Betrüger unter Vortäuschung anderer Identitäten z. B. Heiratsabsichten vor, im Rahmen des weiteren Kontaktes fordern sie immer wieder unter verschiedenen Vorwänden Geld. Schließlich wird dieses Geld über Finanz-agenten auf verschiedenen Wegen, unter Einbehalt von Provisionen, nach Nigeria transferiert und steht der Confraternity Black Axe zur Verfügung. Die hier Beschuldigten stehen im Verdacht, dafür ebenfalls Geldtransfersysteme, aber auch die sogenannte „warenbasierte Geldwäsche“, bei der z. B. Konsumgüter, oftmals sogar mit karitativem Anstrich (gebrauchtes medizinisches Gerät, Second-hand-Kleidung) gekauft und dann nach Nigeria geliefert werden, benutzt zu haben.

2023 wurden alleine in Bayern mehr als 450 Fälle des Modus Operandi Love/Romance Scamming angezeigt, der eingetretene Schaden beläuft sich auf mehr als 5,3 Millionen Euro. Doch hierbei handelt es sich nur um den bekannt gewordenen Schaden, das sogenannte Hellfeld. Viele Geschädigte dürften auch aus Scham bisher keine Anzeige erstattet haben.

Innerhalb umfangreicher globaler Strukturen hat die Confraternity Black Axe, insbesondere im Ursprungsland Nigeria, erheblichen Einfluss auf Administration, Wirtschaft und Politik. Sie wird durch ihre polykriminellen Betätigungen für immense wirtschaftliche und persönliche Schäden weltweit verantwortlich gemacht. Global betrachtet betätigt sich die Organisation hauptsächlich auf den Deliktsfeldern Menschenhandel, Betrug, Geldwäsche, Prostitution und Rauschgifthandel. Im Ursprungsland fordern Auseinandersetzungen zwischen der Black Axe und weiteren Confraternities zahlreiche Todesopfer. Die Confraternity Black Axe nutzte auch den Deckmantel eines vorgeblich sozial orientierten Vereins, des Neo Black Movement of Africa e.V. Nach den bisherigen Erkenntnissen handelt es sich dabei nur um eine Tarnung, um die hinter diesem Verein stehenden Strukturen zu verschleiern.

Die Durchsuchungen fanden in Bayern an folgenden Orten statt: München, Augsburg, Rosenheim, Ingolstadt, Landshut, Landkreis Fürstenfeldbruck, Landkreis Landsberg am Lech, Landkreis Miesbach und Landkreis Oberallgäu. In Baden-Württemberg durchsuchten die Ermittler an folgenden Orten: Filderstadt und im Landkreis Tübingen. Weitere Maßnahmen wurden im hessischen Frankfurt am Main, im Hochtaunuskreis sowie in Hamburg durchgeführt. Dabei wurden neben Wohnungen auch Asylunterkünfte durchsucht. Hier wurden die Ermittler durch geschlossene Einheiten der Bayerischen Bereitschaftspolizei unterstützt.
Bei den Festgenommenen handelt es sich ausnahmslos um Männer im Alter von 29 bis 53 Jahren, die alle die nigerianische Staatsbürgerschaft besitzen. Sie halten sich zum größten Teil schon seit vielen Jahren in Deutschland auf, ein Verdächtiger bereits seit 20 Jahren. Die Staatsanwaltschaft München I hatte bereits im Vorfeld gegen sie Haftbefehle, u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, beantragt, die von der Staatsschutzkammer bei dem Landgericht München I auch erlassen wurden. Die Ermittlungen wurden nach Ermächtigung des Bundesjustizministeriums auch wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung im Ausland geführt.

Bei den Durchsuchungen wurden zahlreiche Beweismittel, insbesondere Mobiltelefone und Datenträger, gefunden und sichergestellt. Darüber hinaus wurden Äxte, Peitschen und zahlreiche Devotionalien der Confraternity Black Axe gefunden. Die jetzt in die offene Phase gehenden Ermittlungen stellen das erste grundlegende Verfahren gegen eine nigerianische Confraternity in Deutschland dar.

gez.Leiding
Oberstaatsanwältin
Pressesprecherin