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Staatsanwaltschaft Würzburg

Justiz ist für die Menschen da – Recht Sicherheit Vertrauen

Pressemitteilung 59 vom 15.12.2023

Einstellung der Ermittlungen im Zusammenhang mit dem tödlichen Baumumsturz vom 18.09.2023

Presseerklärung vom 15.12.2023

Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem tragischen Tod einer 59jährigen Frau, die am 18.09.2023 von einer plötzlich umstürzenden Rotbuche getroffen wurde, eingestellt.

Ein Ast der Baumkrone des umstürzenden Baumes hatte die Frau so massiv am Kopf getroffen, dass sie zu Sturz kam, unter dem Baum eingeklemmt wurde und an den Folgen des Unfalls, insbesondere den schweren Kopfverletzungen, noch am selben Tag im Universitätsklinikum Würzburg verstarb. Eine weitere Frau wurde verletzt.

Die Ermittlungen wurden gegen Unbekannt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) sowie der fahrlässigen Körperverletzung (§ 229 StGB), verwirklicht ggf. durch Unterlassen, geführt. Geprüft wurde, ob das Versagen und das dadurch bedingte Umstürzen des Baumes vorhersehbar und vermeidbar war und ob damit verbunden ein vorwerfbares Unterlassen im Hinblick auf Kontrolle, Pflege oder frühere Beseitigung des gegenständlichen Baumes seitens der zuständigen Stellen vorlag.

Das von der Staatsanwaltschaft beauftragte Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Baumpflege, Baumwertermittlung und Verkehrssicherheit von Bäumen kommt zu dem Ergebnis, dass das Umstürzen des Baumes mit den geschilderten Folgen als tragische Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos anzusehen sei. Es habe sich ein in der Wissenschaft bislang unbekanntes Phänomen des Versagens eines Baumes gezeigt, so dass mangels Bekanntseins weiterer vergleichbarer Fälle von einem singulären, gänzlich atypischen und somit auch für Fachleute nicht vorhersehbaren Einzelfall auszugehen sei.

Ursache für die fehlende Standfestigkeit des Baumes war ein Riesenporlingbefall, welcher die Wurzeln zersetzt hatte. Der Befall durch einen Riesenporling ist erst dann äußerlich sichtbar, wenn dessen Fruchtkörper am Stammansatz nach außen treten. Nach erstmaligem Bekanntwerden eines Befalls an der benachbarten Rotbuche am 27.07.2021 wurden seitens der Stadt Würzburg nach den Feststellungen des Sachverständigen ausreichende und fachgerechte Maßnahmen für das gesamte Baumensemble ergriffen. So kam es zu einem erfolgreichen und unauffälligen Zugversuch an der befallenen Nachbar-Rotbuche. Der umgestürzte Baum wurde aus Sicherheitsgründen um 10 % eingekürzt. Die Regel-Kontrollintervalle wurden angemessen verkürzt. Bei der letzten Regelkontrolle am 05.12.2022 wurden am umgestürzten Baum keine Auffälligkeiten festgestellt.

Erstmalig konnten am 20.08.2023 auch Fruchtkörper des Riesenporlings am umgestürzten Baum festgestellt werden. Trotz des früheren Befalls des Nachbarbaumes als auch der Sichtbarkeit von Fruchtkörpern am gegenständlichen Baum im August 2023 habe jedoch keine Veranlassung bestanden, an der Verkehrssicherheit der gegenständlichen Rotbuche zu zweifeln. Mit einer Beeinträchtigung der Standsicherheit aufgrund des Pilzbefalls sei nur zu rechnen gewesen, wenn der Baum neben dem erst kürzlich sichtbaren Pilzfruchtkörperwachstum auch zumindest teilweise Einschränkungen seiner Vitalität gezeigt hätte. Die Vitalität des Baumes war jedoch bis zuletzt gut erhalten. Bislang sei kein vergleichbarer Fall bekannt, in dem der Umsturz eines Baumes bei dieser Vitalität auf einen Pilzbefall hätte zurückgeführt werden können. Die vom Baum gezeigte Vitalität sei angesichts des Ausmaßes des zerfressenen Wurzelwerkes nicht unmittelbar erklärbar und damit eine singuläre Ausnahme.