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Bayerisches Oberstes Landesgericht

Pressemitteilung 7 vom 12.07.2022

Untreueverdacht gegen Bürgermeisterin – Freispruch aufgehoben

Urteil vom 20.06.2022, 204 StRR 180/22

Der 4. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat auf die Revision der Staatsanwaltschaft ein Berufungsurteil des Landgerichts Ansbach vom 05.10.2021 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Ansbach zurückverwiesen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb die Angeklagte während ihrer Zeit als hauptamtliche erste Bürgermeisterin einer mittelfränkischen Stadt unter einer nicht städtischen Internetadresse eine Homepage, die u.a. einen privaten Tagebuch-Blog zu Themen mit Amtsbezug beinhaltete. Im Jahr 2018 wurde sie persönlich auf Unterlassung verklagt, nachdem sie auf dieser Seite einen aktuellen Beitrag veröffentlicht hatte. Der von der Blog-Eintragung Betroffene obsiegte sowohl vor dem Landgericht Ansbach in erster Instanz als auch vor dem Oberlandesgericht Nürnberg in zweiter Instanz. Die Angeklagte veranlasste, dass die Gerichts- und Anwaltskosten dieser zivilrechtlichen Streitigkeit aus dem städtischen Haushalt beglichen wurden. 

Das Amtsgericht Ansbach verurteilte die Angeklagte am 07.10.2020 wegen Untreue in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zwei Monaten und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und sprach die Angeklagte frei. Hiergegen richtete sich die Revision der Staatsanwaltschaft Ansbach.

Der 4. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts folgte der Auffassung der Staatsanwaltschaft und hob das Berufungsurteil auf.  

Der Senat hat in seiner Urteilsbegründung zusammengefasst ausgeführt:

Grundsätzlich ist es als Untreue zu werten, wenn ein Bürgermeister private Aufwendungen über den Gemeindehaushalt abrechnet. Als persönliche Beklagte im Zivilprozess war die Angeklagte deshalb nicht berechtigt, einen Anwaltsvertrag im Namen der Stadt zu schließen und durfte die ihr durch das Gerichtsverfahren entstandenen Kosten auch nicht eigenmächtig über die Stadtkasse abrechnen.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Stadt hierdurch auch ein Vermögensnachteil entstanden. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn die Angeklagte ihrerseits gegenüber der Stadt einen Anspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Kosten gehabt hätte. Ein solcher vollwertiger Anspruch besteht aber nicht, denn es liegt letztlich im Ermessen der Stadt, ob und in welcher Höhe sie im Rahmen ihrer beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht die der Angeklagten entstandenen Kosten übernimmt.

Soweit die Angeklagte davon ausging, ihr stünde ein solcher Anspruch zu, was unter anderem Auswirkungen für die Frage hat, ob sie vorsätzlich gehandelt hat, bedarf es weiterer tatrichterlicher Aufklärung.

Eine andere Strafkammer des Landgerichts Ansbach hat deshalb nunmehr neu über die Sache zu entscheiden.

Tina Haase
Richterin am Oberlandesgericht
Pressesprecherin des Bayerischen Obersten Landesgerichts