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Landgericht Ansbach

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Pressemitteilung 2 vom 09.01.14

„Thermoselect-Prozess“ rechtskräftig entschieden

Der Bundesgerichtshof hat, wie nun bekannt wurde, mit Beschluss vom 30.10.2013 (Az. VII ZR 127/09) die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Nürnberg im Verfahren der Fa. Thermoselect S.A. gegen die Fa. TAE Thermische Abfallentsorgung Ansbach GmbH verworfen. Damit ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts rechtskräftig.


Hintergrund des Verfahrens ist ein zwischen der Fa. Thermoselect S.A. mit Sitz in Locarno (Schweiz) und der Fa. TAE Thermische Abfallentsorgung Ansbach GmbH, an der die Fa. Badenwerk AG (später EnBW) zu 51 % und der Abfallentsorgungsverband Ansbach (AEV, bestehend aus der Stadt Ansbach und den Landkreisen Ansbach und Weißenburg-Gunzenhausen) zu 49 % beteiligt waren, ehe die Fa. EnBW am 1.4.2003 auch deren Gesellschaftsanteil übernahm, am 22.7.1997 geschlossener Vertrag zur Errichtung einer Thermoselect-Anlage zur thermischen Abfallbehandlung auf einem Grundstück des AEV. Letztlich scheiterte die betriebsbereite Errichtung der Anlage aufgrund zahlreicher Differenzen zwischen den Parteien, für die sie sich gegenseitig verantwortlich machten. Aufgrund dessen kündigte die Fa. Thermoselect im Jahr 2002 den Werkvertrag und stellte die Bauarbeiten ein. Im Jahr 2004 trat die Fa. TAE ihrerseits wegen der Weigerung der Fa. Thermoselect zum Weiterbau vom Vertrag zurück.

Im Jahr 2004 erhob die Fa. Thermoselect vor der Handelskammer des Landgerichts Klage gegen die Fa. TAE und verlangte zuletzt u.a. Zahlung von rund 43 Mio. Euro für ausstehenden Werklohn und Schadensersatz. Mit Urteil vom 13.4.2007 wies das Landgericht die Klage ab, weil die Kündigung der Klägerin im Jahr 2002 wegen behaupteter Vertragsverletzungen der Beklagten unberechtigt gewesen sei. Die Fa. Thermoselect sei zu diesem Zeitpunkt vielmehr verpflichtet gewesen, die Anlage weiterzubauen, im Hinblick auf den Baufortschritt habe sie auch keinen Anspruch auf die geltend gemachte Werklohnrate.

Gleichzeitig hatte das Landgericht über die Widerklage der Fa. TAE zu entscheiden. Mit dieser verlangte sie von der Fa. Thermoselect infolge ihrer Kündigung die Rückabwicklung des Vertrags, u.a. die Rückzahlung von rund 29 Mio Euro und den Rückbau der bisher gefertigten Anlage sowie Räumung des Grundstücks. Die Forderung von 29 Mio. Euro setzte sich aus bisher gezahltem Werklohn, Zinsen und einer Vertragsstrafe von rund 5 Mio. Euro wegen nicht fristgerechter Fertigstellung der Anlage zusammen. Die Handelskammer gab der Widerklage vollumfänglich statt. Sie erkannte den Rücktritt der Fa. TAE im Jahr 2004 wegen der unberechtigten Weigerung der Fa. Thermoselect zum Weiterbau als wirksam an. Daher sei der Vertrag nun durch Rückzahlung des bisherigen Werklohns und Rückbau der Anlage rückabzuwickeln. Ferner sei die Vertragsstrafe wegen nicht fristgerechter Erstellung der Anlage berechtigt.

Im Berufungsverfahren bestätigte das Oberlandesgericht Nürnberg mit Urteil vom 9.7.2009 die Abweisung der Klage durch das Landgericht. Die Widerklage änderte das Berufungsgericht im Wesentlichen dahin ab, dass die Fa. Thermoselect nur knapp 13 Mio Euro, nämlich den bereits geleisteten Werklohn, an die Fa. TAE zu zahlen hatte. Die daneben zugesprochenen Zinsen und die Rückbauverpflichtung hielt es nicht für begründet, weil die Parteien dies als mögliche Folge des Rücktritts nicht vertraglich vereinbart hätten. Auch die Vertragsstrafe sei nicht berechtigt, da diese darauf ziele, den Werkunternehmer zur Herstellung der Anlage zu bewegen, was nach erfolgtem Rücktritt vom Vertrag nicht mehr in Betracht komme.

Die Revision zum Bundesgerichtshof ließ das Oberlandesgericht nicht zu, weil keine grundsätzliche Bedeutung der Sache vorliege und keine grundlegend ungeklärten Rechtsfragen zur Entscheidung gekommen seien.

Hiergegen erhob die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof, mit dem Ziel, dass dieser die Revision trotz Versagung durch das Oberlandesgericht zur Entscheidung annehme.

Am 29.10.2009 wurde über das Vermögen der Fa. Thermoselect in der Schweiz das Konkursverfahren eröffnet mit der Folge, dass das Nichtzulassungsverfahren am Bundesgerichtshof unterbrochen war. Am 20.12.2010 trat der Konkursverwalter, nachdem die übrigen Gläubiger der Fa. Thermoselect an der Verfolgung der Klageforderung kein Interesse hatten, die Klageforderung an die Liechtensteiner Fa. Sandrino Corporations AG, eine weitere Gläubigerin der Fa. Thermoselect, ab mit der Folge, dass diese die Nichtzulassungsbeschwerde auf eigene Kosten und eigenes Risiko fortsetzen durfte.

Mit Beschluss vom 30.10.2013 wies der Bundesgerichtshof die nunmehr von der Fa. Sandrino Corporations betriebene Nichtzulassungsbeschwerde zurück, so dass das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg damit rechtskräftig ist. Demnach bestehen keine Zahlungsansprüche gegen die Fa. TAE, diese wiederum hat Ansprüche von knapp 13 Mio. Euro gegen die Fa. Thermoselect. Ob und ggf. in welchem Umfang diese im Konkursverfahren realisiert werden können, ist offen.