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Landgericht Augsburg

Pressemitteilung 20 vom 22.12.15

Keine Halbstrafe für Waffenlobbyisten Schreiber

Die 10. Strafkammer des Landgerichts Augsburg hat unter Vorsitz von Richter Matthias Rinecker mit Beschluss vom 14.12.2015 entschieden, dass die im Verfahren gegen Karlheinz Schreiber noch offene Reststrafe derzeit nicht zur Bewährung ausgesetzt wird.

Der Verurteilte war durch Urteil der 10. Strafkammer des Landgerichts Augsburg vom 14.11.2013 der Steuerhinterziehung in sechs Fällen schuldig gesprochen und zu einer Gesamt-Freiheitsstrafe von 6 Jahren 6 Monaten verurteilt worden. Das Urteil ist seit dem 28.08.2015 rechtskräftig.

Zwar war der Verurteilte noch keinen einzigen Tag in Strafhaft. Durch Anrechnung seiner Untersuchungshaft ist aber bereits mehr als die Hälfte der Strafe erledigt.

Den Antrag Schreibers, ihm die restliche Strafe nunmehr aufgrund besonderer Härte zur Bewährung auszusetzen, hat die Kammer nun zurückgewiesen, nachdem sie den Verurteilten Mitte November persönlich angehört hatte.

Zwar hat die Kammer bei ihrer Entscheidung durchaus das fortgeschrittene Alter des Verurteilten, die Länge des Verfahrens und insbesondere den Gesundheitszustand des Verurteilten in die zu treffende Abwägung eingestellt. Letztlich sah sich die Kammer an einer positiven Entscheidung aber gehindert, weil sie in einer Gesamtschau darin keine besonderen Umstände sieht, die eine so frühe Reststrafenaussetzung rechtfertigen könnte. Zudem – so die weitere Begründung der Kammer - liefe dies dem vom Strafrecht geschützten Interesse an der Ver-teidigung der Rechtsordnung zuwider. Dieses steht nach Auffassung der Kammer einer vorzeitigen Strafaussetzung dann entgegen, wenn “eine ernstliche Gefährdung der rechtlichen Gesinnung der Bevölkerung als Folge schwindenden Vertrauens in die Funktion der Rechts-pflege“ zu befürchten wäre.

Dies hält die Kammer hier für gegeben, weil der Verurteilte durch die von ihm begangenen erheblichen Steuerstraftaten massiv die Allgemeinheit geschädigt habe, was allein durch Zeitablauf und Alter nicht aufgehoben werde.

Zum rechtlichen Hintergrund:

Ein Gericht kann schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von 6 Monaten, die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn § 57 Absatz 2 Nr. 1 StGB: der Verurteilte erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt, die 2 Jahre nicht übersteigt, oder § 57 Absatz 2 Nr. 2 StGB: die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit des Verurteilten und seiner Entwicklung während des Strafvollzuges ergibt, dass besondere Umstände vorliegen, und die Strafaussetzung zur Bewährung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

Bei der Entscheidung sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsgutes, das Verhalten des Verurteilten im Vollzug, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind (§ 57 Absatz 1 Satz 2 StGB).