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Amtsgericht Augsburg

Pressemitteilung 5 vom 27.05.2019

...Jäger vs. Modellflieger

Die Klägerin ist Jagdpächterin und begehrt von der Beklagten, einem Modellfliegerverein, die Unterlassung, Flugmodelle 30 Minuten vor dem amtlichen Sonnenuntergang und vor dem amtlichen Sonnenaufgang zu starten und fliegen zu lassen sowie zu den genannten Zeitpunkten sich auf dem Vereinsgelände aufzuhalten, zu parken, sich auszutauschen, Bier zu trinken, Karten zu spielen etc.

Im Revier der Klägerin hat der beklagte Modellflugverein sein Vereinsgelände, von dem aus die Mitglieder regelmäßig ihre Modellflugzeuge fliegen lassen. Für den Modellflugbetrieb existiert ein Genehmigungsbescheid der Regierung von Oberbayern, der den Flugbetrieb auf bestimmte Zeiten beschränkt. Insbesondere dürfen die Flugmodelle laut Bescheid nur von Sonnenaufgang bis 30 Minuten vor Sonnenuntergang betrieben werden.

Die Klägerin behauptet, durch die Modellflieger bei der Jagdausübung erheblich beeinträchtig zu sein, da sich die Beklagten nicht an die vorgegebenen Zeiten halten würden. Insbesondere die Bejagung von Wildschweinen, die bekanntermaßen große Schäden anrichten, sei erschwert. Über die notwendige Einhaltung der Flugzeiten bestand Einigkeit. Die Parteien streiten vor allem darum, ob, wie lange und zu welchem Zweck sich die Modellflieger nach dem eigentlichen Flugbetrieb noch auf dem Gelände aufhalten dürfen.

Der beklagte Modellflugverein vertrat die Ansicht, dass der behördliche Bescheid, welcher die Flugzeiten regelt, keine Drittwirkung zugunsten der Jägerin entfalte. Die Auflage setze lediglich ein grundsätzliches Nachtflugverbot für luftverkehrsrechtlich erlaubnispflichtige Flugmodelle um und diene der Sicherheit des Flugverkehrs, nicht jedoch den Belangen der Jagd.

Bei der Jagdausübung handelt es sich um ein von § 823 Abs. 2 BGB geschütztes absolutes Recht, so dass grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch in Betracht kommt.

Letztlich war die wesentliche Frage, nämlich ob und wieweit dem behördlichen Bescheid hinsichtlich der Flugzeiten der Modellflieger Drittwirkung zukommt und ob dies nur den Flugbetrieb erfasst, nicht mehr zu entscheiden, da sich die Parteien vergleichsweise geeinigt haben.

Trafen zu Beginn der Verhandlung noch grundsätzlich gegensätzliche Standpunkte aufeinander, gelang es den Parteien mit Hilfe des Gerichts, im Rahmen der Güteverhandlung einen für beide Seiten befriedigenden Kompromiss zu finden. Ausgehend von der Erkenntnis, dass beide Parteien die gleichen Bedingungen für die Jagd bzw. den Modellflug, nämlich windstilles Wetter, benötigen, lag allen Beteiligten daran, eine Lösung zu finden:

Sieben Tage vor und zwei Tage nach dem astronomischen Vollmond stellen die Modellflieger den Flugbetrieb rechtzeitig ein und verlassen das Gelände auch schon 30 Minuten vor Sonnenuntergang. Hierbei handelt es sich um die Zeiten im Mondzyklus, die für die Wildschweinjagd besonders erfolgversprechend sind.

Die Jägerin ist im Gegenzug damit einverstanden, dass an Donnerstagen und Freitagen, die nicht unter die Vollmondreglung fallen, das Gelände bis 1 ½ Stunden nach dem astronomischen Sonnenuntergang durch die Mitglieder der Beklagten genutzt werden darf.

Für die restlichen Tage haben die Modellflieger das Gelände unverzüglich nach Ende des Flugbetriebes - spätestens 30 Minuten nach Ende des Flugbetriebes - zu verlassen.

Die Annäherung der Parteien zeigt sich nicht zuletzt an folgender Vereinbarung:

Weiter darf einmal jährlich ein Sommerfest auf dem Modellfluggelände stattfinden, das auch in die Vollmondphase fallen kann.

Die zahlreich als Zuschauer erschienen Mitglieder der Beklagten, deren Vorstand und die Klägerin verließen sichtlich zufrieden den Sitzungssaal.