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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 6 vom 22.01.2018

Gescheiterter Enkeltrickbetrug

Bereits der Versuch kann eine Jugendstrafe nach sich ziehen.

Am 21.07.17 verurteilte das zuständige Jugendschöffengericht am Amtsgericht München eine 19-jährige in Frankfurt lebende Frau mit Aussicht auf eine Tätigkeit als Barkeeperin wegen versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetrugs zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten ohne Bewährung.

Die Verurteilte bildete mit Anrufern und einem Logistiker eine Bande. Sie hätte als Abholerin ein Zehntel des erbeuteten Geldes erhalten sollen. Am 30.03.2017 gegen 11:30 Uhr telefonierte der bislang unbekannte Anrufer mit einer 74-jährigen Geschädigten im Münchner Norden, wobei er sich geschickt als deren „Cousin“ ausgab. Er brauche dringend Geld für den Kauf einer Wohnung. Die Geschädigte befand sich bereits auf den Weg zu ihrer Bank, als ihr Zweifel kamen und sie die Polizei verständigte. Ab diesem Zeitpunkt wurde sie polizeilich betreut. Die Geschädigte erhielt weiterhin Anrufe des „Cousins“ sowie eines Mannes, der sich als „Notar Dr. Sommer" ausgab. Die beiden Anrufer forderten 25.000 Euro oder 2 Goldbarren. Der Anrufer bestellte der Geschädigten schließlich ein Taxi, welches sie zur Hauptstelle der Hypo-Vereinsbank in München brachte. Dort erhielt sie von einer zuvor durch die Polizei instruierten Bankangestellten einen Briefumschlag, in dem vorgeblich 15.000 Euro befinden sollten, der aber lediglich Papierschnipsel enthielt. Es folgten zahlreiche Kontrollanrufe des „Cousins“, des „Notars Dr. Sommer", einer „Mitarbeiterin der Commerzbank Ingolstadt“ und einer „Mitarbeiterin der Kriminalpolizei München“. Die Täter ließen sich Geldscheinnummern vorlesen, die Stückelung der Geldsumme vorzählen und fragten die Bankdaten der Geschädigten ab. Schließlich wurde eine „Frau Weiß, Mitarbeiterin und Gutachterin des Notars Dr. Sommer", als Abholerin angekündigt. Gegen 17:05 Uhr kam es auf dem Grundstück der Geschädigten zur Übergabe des Kuverts an die Verurteilte, die sich als die angekündigte „Frau Weiß" vorgestellt hatte. Sie wurde beim Verlassen des Grundstücks festgenommen.

Die Verurteilte litt unter einer Essstörung und wog bei etwas überdurchschnittlicher Größe nur noch 38 kg. Sie nahm seit Haftbeginn wieder zu.

Sie war bislang strafrechtlich nur durch einen im Herbst 2012 begangenen Diebstahl aufgefallen.

Das Gericht wertet zugunsten der Verurteilten „...ihr umfassendes Geständnis (...), weiterhin, dass sie sich entschuldigt hat und ehrliche Reue gezeigt hat. Weiterhin war zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass sie sich bis zur Hauptverhandlung fast 4 Monate in Untersuchungshaft befunden hat.“ Andererseits „... war die hohe kriminelle Energie zu sehen, der beabsichtigte hohe Schaden sowie die gemeine und hinterhältige Tat zulasten einer älteren Geschädigten, die heute noch unter den Folgen der Tat leidet. Die Zeugin hat angegeben, dass sie seit der Tat u.a. an erheblichen Angstzuständen leidet und sich in Therapie begeben muss. Weiterhin hat die Geschädigte ausgeführt, dass das Geld ein Teil ihrer Altersvorsorge gegen Krankheit etc. gewesen wäre und dass sie sich seit dem Vorfall  in ihrem eigenen Haus nicht mehr wohlfühlt. (...) Das Gericht sieht aber die Vollstreckung im Hinblick auf die Entwicklung als geboten an, insbesondere im Hinblick auf eine Hinführung zu einem geregelten Tagesablauf und einer gesunden körperlichen Entwicklung. Dies scheint momentan nur im Vollzug möglich zu sein.“


Urteil des Amtsgerichts München vom 21.07.17 Aktenzeichen 1011 Ls 381 Js 132213/17 jug

Das Urteil ist rechtskräftig.

Klaus-Peter Jüngst

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