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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 96 vom 26.11.2018

Schöne Bescherung

Unter anderem aus Liebe im Schuh in die Haftanstalt eingebrachtes Heroin bringt die Besucherin umgehend selbst ins Gefängnis

Am 19.06.2018 verurteilte das zuständige Schöffengericht am Amtsgericht München eine 25 jährige zuletzt arbeitslose und substituierte Einzelhandelskauffrau aus dem Raum Passau wegen unerlaubten Handeltreibens mit und unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung.

Am 04.01.2018 gegen 14.00 Uhr führte die Angeklagte im Eingangsbereich der JVA München - Stadelheim 10,87 Gramm Heroin und 9 Tabletten Subutex mit sich. Während sie ihren Rucksack mit 9,88 Gramm Heroin in einem Spind im Eingangsbereich versperrte, hielt sie die Subutex-Tabletten und 0,99 Gramm Heroin in ihrem Stiefel versteckt. Sie beabsichtigte ihren inhaftierten Verlobten zu besuchen und diesem die Betäubungsmittel auszuhändigen. Mit ihm hatte sie zuvor mehrfach über ein in die Haft eingeschmuggeltes Handy kommuniziert. Bei der Zugangskontrolle konnten die Betäubungsmittel fest- und sichergestellt werden. Die Angeklagte wurde daraufhin selbst in Untersuchungshaft genommen.

In der Hauptverhandlung erklärte die weiter in Untersuchungshaft befindliche Angeklagte: „Ich war unterwegs. Besuchte einen Freund in München. Ich zahlte 80 Euro pro Gramm. Ich wollte es nicht bei meinem Freund lassen. Das Geld dafür stammt aus Ersparnissen. Es hätte schon gute zwei Wochen reichen sollen. Am Tag habe ich schon bis zu einem Gramm konsumiert, ist unterschiedlich. Kurz vor der Inhaftierung bin ich in die Substitution gegangen. Ich konsumiere in der Früh, mittags und abends. Ich habe geschaut, dass es weniger wird. Ich war mit 7 mg substituiert mit Polamidon. Ich habe es meinem Freund in die JVA gebracht. Ich wollte ihn nicht im Stich lassen. Es war das erste Mal.“

Die Vorsitzende Richterin begründete das Urteil des Schöffengerichts wie folgt:

„So ist das Gericht nach den Angaben der Angeklagten (…) davon überzeugt, dass der hälftige Teil des sichergestellten Heroins zum Eigenkonsum bestimmt war (…) dass die Abgabe der Betäubungsmittel an den Inhaftierten (…) unentgeltlich erfolgen sollte. So ist einem Chatverlauf zu entnehmen, dass die Angeklagte Geld auf das Haftkonto des Inhaftierten (…) überweisen soll, so dass nicht davon auszugehen ist, dass sie im Gegenzug von ihm Geld (also letztendlich von ihrem Geld) für die Betäubungsmittel erhalten sollte. Jedoch konnte das Gericht der Angaben der Angeklagten dahingehend, dass das Heroin im Übrigen für sie und nicht für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt gewesen sein soll, nicht folgen. So ergaben sich aus der auszugsweise verlesenen Auswertung des Mobiltelefons der Angeklagten Nachrichten, aus welchem sich Verkaufsanbahnungen und dann auch Treffen ergaben.“  Sie hatte offensichtlich seit 24.12.2017 vier verschiedenen Personen Heroin verkauft.

„Das Gericht hat daher keinen Zweifel daran, dass ein Teil des sichergestellten Betäubungsmittels zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war. Dies ergibt sich zudem aus der Tatsache, dass die Angeklagte selbst angegeben hat, dass sie die letzten 6 Monate vor der Inhaftierung in vorliegender Sache arbeitslos war, sie täglich bis 1 Gramm Heroin konsumiert und ca. 80,- Euro für ein Gramm bezahlt habe. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass die Angeklagte sich durch das Handeltreiben den Eigenkonsum finanziert hat wie auch teilweise den Konsum des Inhaftierten (…), da sich den Chatverläufen auch entnehmen lässt, dass „die Packerl optimal verpackt waren“, was darauf schließen lässt, dass bereits im Vorfeld illegale Substanzen in die JVA geschmuggelt wurden. Zu Ihren Gunsten wurde davon ausgegangen, dass lediglich die Hälfte des sichergestellten Betäubungsmittels zum Handeltreiben bestimmt war. (…)

Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. (…) Zwar hat das Gericht nicht übersehen, dass die Angeklagte vorliegend erstmalig straffällig wurde, allerdings konnte das Gericht im Rahmen der Hauptverhandlung keine Distanzierung der Angeklagten zur Tat sowie keine kritische Selbstreflexion feststellen. Es ist daher zu erwarten, dass die Angeklagte ohne die Einwirkung durch den Strafvollzug weitere, gleichgelagerte Straftaten begehen wird. Dabei wurde vom Gericht nicht übersehen, dass sich die Angeklagte derzeit in Haft um eine stationäre Therapie bemüht hat, die allerdings aufgrund fehlender Kostenzusage nicht unverzüglich erfolgen kann. Daher ist nach Auffassung des Gerichts aufgrund des persönlichen Eindrucks von der Angeklagten in der Hauptverhandlung ohne den nahtlosen Übergang in eine Therapieeinrichtung und damit ohne Behandlung ihrer Suchterkrankung die Begehung weiterer Straftaten zu erwarten.“

Urteil des Amtsgerichts München vom 19.06.2018, Aktenzeichen 1125 Ls 361 Js 102183/18

Das Urteil ist aufgrund Berufung der Angeklagten nicht rechtskräftig.

Klaus-Peter Jüngst

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