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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 16 vom 30.04.2021

Resteverwerter

Diebischer Werkstudent nach kurzer Untersuchungshaft zur Bewährung verurteilt

Am 18.03.2021 verurteilte das zuständige Jugendschöffengericht am Amtsgericht München einen 23jährigen Informatikstudenten aus dem Großraum Augsburg wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall in drei vollendeten und einem versuchten Fall zu einer Jugendstrafe von eineinhalb Jahren mit Bewährung.
Der Angeklagte war zwischen Herbst 2017 und dem 17.01.2019 als Werkstudent über eine Drittfirma bei einer Autobaufirma in München bei der Verschrottung tätig. Noch bis 20.02.2019 entwendete der Angeklagte bei unterschiedlichen Gelegenheiten verschiedene Gegenstände von einfachen Kabeln bis zu hochpreisigen EDV-Geräten von deren Firmengelände in der Schleißheimer Straße in München. Die Diebesbeute versteckte er teilweise zunächst auf dem Werksgelände, um sie von dort später mit seinem PKW abzutransportieren. Der Angeklagte verschaffte sich vor Abgabe seines Werksausweises mittels eines technischen Geräts die Zugangsdaten anderer Mitarbeiter, um sich damit weiterhin den Zutritt zum Werksgelände zu erhalten und weitere Gegenstände zu stehlen.

Insgesamt entwendete der Angeklagte im Zeitraum zwischen dem 01.03.2018 und dem 20.02.2019 188 Gegenstände der Firma im Gesamtwert von 86.520 Euro, die er teilweise bei sich zu Hause und bei seinem Freund aufbewahrte.

Der Angeklagte räumte seine Taten ein: „Ich habe dort angefangen zu arbeiten und wir sollten bestimmte Teile zerstören und verschrotten. Ich bin seit Kind auf an Technik interessiert. Da fällt es einem schwer so etwas zu verschrotten. Anfangs habe ich das noch gemacht, aber irgendwann war es mir zu schade. Uns wurde auch gesagt, dass wir das nicht machen dürfen da es schadhaft (…) ist (…), wenn es der Konkurrenz in die Hände fällt. Es war auch genügend Zeit am Arbeitsplatz, um sie aufzuschrauben und rein zu sehen und sie dann zu verschrotten. Es gab auch viele Kleinteile und da dachte ich für mich, dass die Regel nicht gilt und es nicht so problematisch ist. Das waren so die Anfänge. Es war mir nicht bewusst, dass ich etwas falsch mache. Für mich ist es schwierig, Grenzen zu erkennen. Ich wollte die Gegenstände nicht verkaufen, oder (die Firma, Anm. d.Verf.) schädigen. (…) Später hat sich das auch auf Sachen ausgedehnt, die im Lager waren und nur auf eine Verwendung gewartet haben. Ich denke es waren einfach ähnliche Gedanken dabei. Man hat es nicht hinterfragt. Ich habe mich auch tatsächlich auf den Werkschutz konzentriert und hatte bis zur Verhaftung nicht im Sinn, dass es eine Straftat ist. Als die Polizei kam mit den Waffen, dachte ich, ich werde überfallen da ich es gar nicht zuordnen konnte. Ich war auch nicht mehr auf dem Gelände, sondern auf dem Heimweg.(…) Ich wurde dann verhaftet und war drei Wochen in U-Haft. (…) Ich habe mich danach in Psychotherapie begeben und da bin ich auch heute noch, da es mir sehr hilft und ich Sachen auch aus meiner Kindheit gut aufarbeiten kann. Ich hätte nie gedacht, dass es solche Ausmaße annimmt. Ich möchte mich bei meiner Familie und bei der Familie von meinem Freund entschuldigen, bei dem ich auch Teile gelagert hatte und auch bei der Firma.(…) Ich wollte mit den Teilen basteln und erforschen. (…) Das war der Bastler-Traum überhaupt. Es waren höherwertige Netzteile und Computer-Teile.“

Die als Zeugin vernommene Polizeibeamtin, die nach Verständigung durch den den Angeklagten seit Tagen observierenden Werksschutz ihn festgenommen hatte, gab an: „Geweint hat er nicht als er festgenommen wurde, aber er war sehr k.o. Er sagte, dass er mal was mitgenommen hat zum Basteln, aber er wollte nie etwas verkaufen. Er wollte es nur für sich. Da es gut funktioniert hat, hat er immer weiter gemacht und wenn er nicht erwischt worden wäre, hätte er weiter gemacht.“

Die Sachverständige, die aufgrund der Angaben des Angeklagten im ersten Verhandlungsversuch am 03.09.2020 mit einer umfassenden Begutachtung des Angeklagten beauftragt worden war, sah trotz eines Asperger-Syndroms bei leicht überdurchschnittlicher Intelligenz die Schuldfähigkeit des Angeklagten als nicht beeinträchtigt.

Die Vorsitzende Richterin begründete das getroffene Urteil u.a. wie folgt:
„Zu seinen Gunsten war zu sehen, dass er in vollem Umfang geständig ist, dass er bislang keine Voreinträge hat, dass er sich drei Wochen in U-Haft befand und die Gegenstände zurückgegeben wurden.
Zu seinen Lasten war der sehr lange Tatzeitraum zu sehen, der sehr hohe Wert des Diebesgutes sowie die Tatsache, dass er sich sehr konspirativ verhalten hat.  (…) 
Diese Jugendstrafe konnte (…) zur Bewährung ausgesetzt werden. Es handelt sich um die erste Jugendstrafe. Das Gericht geht davon aus, dass der Angeklagte sich allein die Verurteilung zur Warnung dienen lässt und keinerlei weitere Straftaten mehr begeht.“

Urteil des Amtsgerichts München vom 18.03.2021, Aktenzeichen 1011 Ls 455 Js 122116/19 jug

Das Urteil ist rechtskräftig

Klaus-Peter Jüngst

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