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Generalstaatsanwaltschaft Bamberg

Pressemitteilung 17 vom 08.11.2018

Zentralstelle Cybercrime Bayern gelingt schwerer Schlag gegen Cardsharing-Szene – Anklage zum Landgericht Regensburg erhoben

Am 15.11.2018 beginnt vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Regensburg die Hauptverhandlung gegen fünf Männer, denen der Betrieb illegaler Cardsharing-Server im großen Stil zur Last gelegt wird.

Die bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg errichtete Zentralstelle Cybercrime Bayern hat bereits im Sommer gegen fünf Männer Anklage wegen einer Vielzahl von Fällen der Bildung einer kriminellen Vereinigung, des gewerbsmäßigen Computerbetrugs, Verstößen gegen das Urhebergesetz und anderer Delikte erhoben. Am 15.11.2018 beginnt nun die Hauptverhandlung vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Regensburg.

Im Mittelpunkt der Vorwürfe steht der illegale Vertrieb von sogenannten Cardsharing- und IPTV-Angeboten. Die Angeklagten sollen eine umfangreiche technische Infrastruktur aufgebaut haben, um über das Internet die Pay-TV-Sendungen eines großen deutschen Anbieters gegen Entgelt an eigene Kunden anbieten zu können.

Beim sogenannten Cardsharing wird eine Original-Smartcard über eine Netzwerkverbindung an einen Cardsharing-Server angeschlossen. Die Nutzer verwenden dabei für das Cardsharing einen Receiver mit modifizierter Software. Die Täter gewähren den Nutzern nach Zahlung Zugriff auf die über den Cardsharing-Server bereitgestellten Kontrollwörter für die Entschlüsselung des jeweiligen Sendesignals.

Im Rahmen der IPTV-Angebote können die Kunden über einen Internet-Browser oder andere internetfähige Empfangsgeräte das Audio- und Videosignal auf ihren Endgeräten empfangen und unmittelbar darstellen. Auch hier ist an die Betreiber des illegalen Angebots ein Entgelt zu entrichten.

Die beiden Hauptangeklagten, ein 34jähriger Verkäufer aus Sachsen und ein 46-jähriger Lette sollen zwischen dem 01.12.2012 und dem 28.11.2017 über diverse Internetplattformen insgesamt 12.889 Personen in 143.739 einzelnen Bezugszeiträumen das für das illegale Cardsharing erforderliche Entschlüsselungssignal zur Verfügung gestellt haben. Für die Bereitstellung sollen die Angeklagten Zahlungen in Höhe von rund 1,6 Millionen EUR erhalten haben. Hinzu kommen knapp 5.000 EUR, welche von 262 Personen gezahlt wurden, die das illegale IPTV-Angebot nutzten. Ebenfalls angeklagt ist ein 33-jähriger aus dem Land-kreis Regensburg, der zunächst Kunde der beiden Hauptangeklagten gewesen sein und sich später als Moderator um Probleme von Kunden gekümmert und Zahlungen abgewickelt haben soll.

Zwei der Angeklagten, die allesamt am 28.11.2017 festgenommen worden waren, befinden sich nach wie vor in Untersuchungshaft. Die weiteren Haftbefehle wurden zwischenzeitlich gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Der 46-jährige Lette war in seinem Heimatland fest-genommen und Ende 2017 nach Deutschland ausgeliefert worden.

Bis auf den 33-jährigen aus dem Landkreis Regensburg sind die Angeklagten nicht vorbestraft.

Einmal mehr konnte gezeigt werden, dass auch die vermeintliche Anonymität des Internets die Täter nicht dauerhaft davor schützen kann, ins Visier der Strafverfolgungsbehörden zu kommen und letztlich überführt zu werden. Der bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern geführte Ermittlungsverfahren gestaltete sich höchst umfangreich und in technischer Hinsicht komplex. Das von den Angeklagten mutmaßlich verwendete Servernetzwerk verteilte sich über mehrere europäische Länder. Sie sollen dabei hochgradig konspirativ vorgegangen und selbst untereinander häufig nur unter falschen Identitäten und verschlüsselt kommuniziert haben. Nur durch aufwändige Detailarbeit der Staatsanwälte der Zentralstelle Cybercrime Bayern und des zuständigen Fachkommissariats des Polizeipräsidiums München gelang es, Stück für Stück die einzelnen Angeklagten und die von ihnen verwendete Infrastruktur zu identifizieren.

Seit dem 1. Januar 2015 besteht bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg die Zentral-stelle Cybercrime Bayern. Diese Zentralstelle ist bayernweit zuständig für die Bearbeitung herausgehobener Ermittlungsverfahren im Bereich der Cyberkriminalität. Sie ermittelt in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Spezialisten der bayerischen Polizei oder des Bundeskriminalamts und mit internationalen Partnern z.B. bei Angriffen auf bedeutende Wirtschaftszweige oder bei Verfahren aus dem Bereich der organisierten Cyberkriminalität. Auch dann, wenn bei Verfahren der Allgemeinkriminalität ein hoher Ermittlungsaufwand im Bereich der Computer- und Informationstechnik abzuarbeiten ist, werden die Staatsanwälte der Zentralstelle tätig. Die bearbeiteten Fälle sind vielfältig: Sie reichen von Hackerangriffen über Fälle des Vorkasse-Betrugs im Internet, z. B. durch professionelle sog. Fake-Shops, und Fälle von Ransomware bis hin zum Handel mit Waffen, Drogen und Kinderpornographie im Darknet. Seit dem 1. August 2018 ist die Zentralstelle Cybercrime Bayern zudem für her-ausgehobene Fälle der Wirtschaftscyberkriminalität zuständig. Derzeit sind zehn Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern tätig. Zum Jahresende werden es 13 sein.