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Pressemitteilung 7/2019 vom 04.07.2019

Urteil im Strafverfahren gegen Joachim Wolbergs, Volker Tretzel, Franz W. und Norbert Hartl

Landgericht Regensburg sieht nach Freispruch in allen bis auf zwei Anklagepunkten von Strafe gegen Joachim Wolbergs ab, Volker Tretzel und Franz W. erhalten Bewährungs-/Geldstrafen, Norbert Hartl wird freigesprochen

Am 60. Tag der Hauptverhandlung hat das Landgericht Regensburg das Strafverfahren gegen den Oberbürgermeister der Stadt Regensburg Joachim Wolbergs, den Bauträger Volker Tretzel, dessen früheren Mitarbeiter Franz W. und den Stadtrat Norbert Hartl erstinstanzlich abgeschlossen. In ihrem Urteil vom 3. Juli 2019 gelangte die Wirtschaftsstrafkammer zu der Überzeugung, dass Joachim Wolbergs lediglich zwei Fälle der Vorteilsannahme im Zusammenhang mit den Parteispenden der Jahre 2015 und 2016 (insgesamt rund 150.000 Euro) anzulasten sind und er in allen übrigen Anklagepunkten freizusprechen ist. Der verbliebene Schuldvorwurf relativierte sich erheblich durch die Feststellung, dass der Oberbürgermeister stets im Glauben an die Zulässigkeit der Spenden und damit in einem, wenn auch vermeidbaren, Verbotsirrtum gehandelt hatte. Neben den für ihn besonders nachteiligen Verfahrensfolgen war dies einer der Hauptgründe, warum das Gericht von Strafe absah. Für eine Verurteilung insbesondere wegen Bestechlichkeit oder Annahme privater Vorteile hatte die Kammer trotz intensiver Sachverhaltsaufklärung keine Grundlage gefunden. Das Entlastungsvorbringen von Joachim Wolbergs, der sich zu jeder relevanten Beweisfrage ausführlich erklärt hatte, stufte sie in vollem Umfang als glaubhaft ein.
Spiegelbildlich zur Beurteilung bei Joachim Wolbergs wertete das Gericht die Parteispenden der Jahre 2015 und 2016 in Bezug auf Volker Tretzel als zwei Fälle der Vorteilsgewährung. Da der Bauträger nach den getroffenen Feststellungen im Gegensatz zum Oberbürgermeister mit Interna der Bauteam Tretzel GmbH (BTT) vertraut gewesen war, aus denen hervorging, dass zumindest teilweise Strohmannspenden geleistet wurden, nahm die Kammer bei ihm zusätzlich fünf Fälle des Verstoßes gegen das Parteiengesetz für die Rechenschaftsjahre 2011 bis 2015 an. Seinen Mitarbeiter Franz W. sah das Gericht wegen dessen maßgeblicher Beteiligung an der Organisation der Spenden bis zum Ausscheiden aus der Firma BTT
im Jahr 2015 als Mittäter der fünf Verstöße gegen das Parteiengesetz und der ersten von beiden Vorteilsgewährungen an. In der Konsequenz erachtete die Kammer, auch unter Berücksichtigung der einschneidenden Verfahrenswirkungen, für Volker Tretzel eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung und 500.000 Euro Geldauflage, für Franz W. eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 25 Euro als angemessen. Norbert Hartls Freispruch resultierte daraus, dass in den für ihn bedeutsamen Sachverhaltskomplexen (Jahn Regensburg und Nibelungenkaserne) keine beihilfefähige Verfehlung von Joachim Wolbergs festgestellt wurde.

Eine Kurzübersicht der wesentlichen Urteilsfeststellungen ist dieser Pressemitteilung als Anhang beigefügt.
Einzelheiten zur Begründung:

Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme setzen neben einer Zuwendung an einen Amtsträger bzw. deren Annahme durch den Amtsträger eine innere Verknüpfung der Leistung des Zuwendenden mit der Dienstausübung des Amtsträgers voraus (gelockerte Unrechtsvereinbarung). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht ein Verhalten aus, durch das für einen unbeteiligten Betrachter der Anschein einer möglichen Käuflichkeit amtlicher Entscheidungen entsteht. Auf Seiten des Amtsträgers genügt für die Annahme bedingten Vorsatzes, dass er die Umstände kennt, die den bösen Anschein begründen. Falls der Amtsträger diesen Schluss nicht zieht, kommt ein Verbotsirrtum in Betracht, der bei Vermeidbarkeit den strafrechtlichen Schuldvorwurf zwar nicht beseitigt, aber deutlich abmildert. Bedingter Vorsatz ist die schwächste Vorsatzform. Er liegt schon dann vor, wenn die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung erkannt und gebilligt wird. Ein (vermeintlich) sicheres Wissen oder gar eine Absicht sind nicht erforderlich. Als Indizien für eine Unrechtsvereinbarung gelten nach allgemeinen Grundsätzen Heimlichkeit, ein großer Zuwendungsumfang und dienstliche Berührungspunkte zwischen Vorteilsgeber und Amtsträger.
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien sah sich das Landgericht Regensburg im Hinblick auf Joachim Wolbergs gehalten, wegen der in seine Amtszeit als Oberbürgermeister fallenden Spenden an den SPD-Ortsverein Stadtsüden die Begehung zweier Vorteilsannahmen (2015 und 2016) festzustellen. Als vorsatzbegründende Erkennungsmerkmale des drohenden bösen Anscheins registrierte die Wirtschaftsstrafkammer einerseits die beträchtliche Höhe der Spenden und andererseits die dienstliche Befassung des Oberbürgermeisters mit Projekten der Firma BTT (Nibelungenareal, Roter-Brach-Weg). Ungeachtet dessen hatte das Gericht keine Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage von Joachim Wolbergs, dass er, aus seiner Sicht zu Recht, von der Zulässigkeit der Spenden überzeugt gewesen sei. Die Rechtslage ist in diesem Kontext äußerst kompliziert. Parteienrechtlich hängt die Einordnung davon ab, ob es sich bei den Zuwendungen aus der Belegschaft um weitergeleitete (Strohmann-)Spenden der Firma BTT oder um Spenden aus dem Vermögen der Mitarbeiter handelte. Weitergeleitete Spenden müssen hinsichtlich der Veröffentlichungspflicht im Rechenschaftsbericht addiert werden. Spenden aus dem Vermögen der Mitarbeiter dürfen, wie dies auch geschehen ist, einzeln ausgewiesen werden.
Das Parteiengesetz knüpft die Feststellung einer weitergeleiteten Spende an den zeitlichen Ablauf der Zahlungen. Zahlt der Spendeninitiator zuerst an den Spender und dieser dann an den Spendenempfänger, liegt eine Weiterleitung vor. Nachträgliche Erstattungen von Spenden, die der Spender zunächst aus seinem eigenen Vermögen geleistet hat, führen dagegen nicht zur Annahme von Strohmannspenden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hatten die spendenden Beschäftigten der Firma BTT zusätzlich zu ihren Festgehältern in unregelmäßigen Zeitabständen Sonderzahlungen in Form von Provisionen oder Gewinnbeteiligungen erhalten. Anhand von Kontoauswertungen ließ sich ferner durchgängig nachvollzie-hen, dass BTT-Mitarbeitern zeitnah zu ihren Spenden korrespondierende Bruttogehaltszahlungen überwiesen worden waren. Die Initiative zu den jährlichen Spendenrunden war außerdem nach den einhelligen Zeugenaussagen der während des Prozesses vernommenen Spender immer von der Firmenleitung ausgegangen.
In der Hauptverhandlung konnte sich das Gericht nicht davon überzeugen, dass im verfahrensrelevanten Zeitraum eine Anrechnung spendenbedingter Sonderzahlungen auf sonstige Zahlungsansprüche der Belegschaft vorgenommen worden wäre, die Spenden damit aus dem eigenen Vermögen der Mitarbeiter gestammt hätten. Hinsichtlich der Zahlungsreihen-folge ergaben die Nachforschungen der Wirtschaftsstrafkammer ein gemischtes Bild. Für jedes der Rechenschaftsjahre 2011 bis 2015 wurden weitergeleitete Spenden ermittelt. Zum Teil waren Spenden aber auch von Beschäftigten vorfinanziert und nur von der Firma BTT erstattet worden. Die nach dem Parteiengesetz zu beanstandenden (Strohmann-) Spenden machten hierbei einen deutlich geringeren Betrag (rund 277.000 Euro) als das absolute Spendenaufkommen (rund 475.000 Euro) aus. Dennoch zogen sie eine Strafbarkeit des Bauträgers Volker Tretzel und seines früheren Mitarbeiters Franz W. wegen Verstoßes gegen das Parteiengesetz in fünf Fällen (Rechenschaftsjahre 2011 bis 2015) nach sich. Der Unrechtsgehalt dieser Verfehlungen minderte sich natürlich im Vergleich zu den Anklage-vorwürfen durch die wesentlich niedrigeren Summen.
Bei Joachim Wolbergs stellte sich die Situation jedoch grundsätzlich anders dar, nachdem die Beweiserhebungen des Landgerichts Regensburg keinerlei Anhaltspunkte dafür erbracht hatten, dass der Oberbürgermeister zu irgendeinem Zeitpunkt Einblick in den Zahlungsverkehr zwischen der Firma BTT und ihren spendenden Beschäftigten gehabt hätte. Der Wirtschaftsstrafkammer erschien insoweit plausibel, dass Joachim Wolbergs, der nie einen Hehl daraus gemacht hatte, sämtliche in Rede stehenden Spenden mit der Firma BTT und ihrem Umfeld in Verbindung gebracht zu haben, der Meinung gewesen war, Volker Tretzel habe seine Mitarbeiter als selbständige Spender akquiriert. Unter dieser Prämisse erwies sich der vom Oberbürgermeister behauptete Glaube an die parteienrechtliche Unbedenklichkeit der Spenden sogar als folgerichtig. Die erste Konsequenz dieser Feststellung war, dass Joachim Wolbergs nach Überzeugung des Gerichts kein Verstoß gegen das Parteiengesetz zur Last fiel. Als weitere Folgerung leitete sich daraus ab, dass der Oberbürgermeister wegen seines Vertrauens in die Parteienrechtskonformität der Spenden einem erhöhten Risiko ausgesetzt gewesen war, hinsichtlich der Vorteilsannahmen einem Verbotsirrtum zu unterliegen.
Unter Strafjuristen ist umstritten, in welchem Verhältnis bei Zuwendungen an eine Partei die Straftatbestände der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung zum Parteiengesetz stehen. In der Rechtslehre wird teilweise der Standpunkt vertreten, dass nach dem Strafgesetzbuch nicht verboten sein kann, was nach dem Parteiengesetz erlaubt ist. Zulässige Parteispenden, wie Joachim Wolbergs sie sich, den Erkenntnissen aus der Hauptverhandlung zufolge, vorgestellt hatte, wären bei solch einem Ansatz als Gegenstand einer Vorteilsannahme nicht in Frage gekommen. Der Bundesgerichtshof ist dieser Auffassung allerdings in seiner bisherigen Rechtsprechung unter Verweis auf die unterschiedlichen Schutzzwecke der Strafnormen des Parteiengesetzes (Umsetzung des Transparenzgebots) und des Strafgesetzbuchs (Vertrauen in die/Lauterkeit des öffentlichen Dienstes) nicht gefolgt. Auch nach Ansicht des Landgerichts Regensburg sprachen die besseren Argumente gegen die Anerkennung einer Parteienrechtsakzessorietät von Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung. Vor dem Hintergrund der schwer zu durchdringenden Rechtslage hielt die Kammer dem Oberbürgermeister aber zugute, irrtümlich von der Straflosigkeit seines Verhaltens ausgegangen zu sein.
Ein derartiger Verbotsirrtum führt, sofern er unvermeidbar ist, tatsächlich zur Straflosigkeit mangels individueller Schuld. Entsprechend streng sind die Anforderungen an die Annahme der Unvermeidbarkeit. Vom Nichtjuristen wird erwartet, dass er von qualifizierter Stelle rechtlichen Rat einholt und möglicherweise geäußerte Bedenken gegen sein beabsichtigtes Vor-gehen ernst nimmt. Hätte Joachim Wolbergs sich vor der Annahme der Spenden aus den Jahren 2015 und 2016 zum Beispiel anwaltlich beraten lassen, wäre er nach Meinung des Gerichts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die einschlägige Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs hingewiesen worden, die ihm Anlass gegeben hätte, von seinem Vorhaben Abstand zu nehmen. Aus Sicht der Kammer lag daher ein vermeidbarer Verbotsirrtum vor. Dieser stellt allerdings einen gesetzlichen Milderungsgrund dar und hätte nach Überzeugung des Gerichts in beiden Fällen der Vorteilsannahme jeweils eine Absenkung des Strafrahmens (auf Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren 3 Monaten statt Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren) gerechtfertigt. Zum Tragen kam diese Strafrahmenverschiebung letztlich jedoch nur mittelbar, weil der Kammer geboten schien, von einer Bestrafung des Oberbürgermeisters gänzlich abzusehen.
Das Gericht sieht von Strafe ab, wenn keine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verwirkt ist und die Tatfolgen für den Beschuldigten so schwer sind, dass die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre. Insoweit besteht kein Ermessen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen muss vielmehr von Strafe abgesehen werden. Nach Einschätzung der Kammer war dies bei Joachim Wolbergs der Fall. Bei der Eingrenzung der hypothetischen Strafmaße für die Vorteilsannahmen berücksichtigte das Gericht, ausgehend vom jeweils ermäßigten Straf-rahmen, unter anderem zugunsten des Oberbürgermeisters, dass er strafrechtlich nicht vorbelastet war und sich in allen Verfahrensstadien umfassend bereit gezeigt hatte, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Zu seinen Lasten fielen die hohen Jahresbeträge der Spenden ins Gewicht, deren strafschärfende Bedeutung aber wegen des Verbotsirrtums und der Tatsache, dass es sich jedenfalls im Ausgangspunkt nicht um persönliche, sondern um Drittvorteile gehandelt hatte, stark relativiert werden musste.
Als zusätzlichen Grund für eine erhebliche Strafmilderung und zentrales Argument für die evidente Unangemessenheit der Verhängung von Strafe stufte die Kammer schließlich die weit über das zur Zweckerreichung Notwendige hinausgehenden negativen Auswirkungen des Ermittlungs- und Strafverfahrens für Joachim Wolbergs ein. Von den vielfältigen Beeinträchtigungen in sämtlichen während des Prozesses beleuchteten Lebensbereichen hob sie besonders die sechswöchige Inhaftierung im Frühjahr 2017 hervor, die zur vorläufigen Suspendierung des Oberbürgermeisters geführt hatte und für deren Anordnung oder Aufrechterhaltung kein Raum gewesen wäre, wenn damals schon der heutige Erkenntnisstand vorgeherrscht hätte. In der Gesamtschau kam das Landgericht Regensburg zu dem Fazit, dass keine der beiden Vorteilsannahmen auch nur annähernd mit einem Jahr Freiheitsstrafe zu ahnden gewesen wäre, und die gravierenden Tatfolgen, die Joachim Wolbergs getroffen hatten, einer Bestrafung entgegenstanden.
Dem Bauträger Volker Tretzel und seinem früheren Mitarbeiter Franz W. rechnete die Kammer neben anderen günstigen Faktoren ebenfalls ihre Vorstrafenfreiheit positiv an. Auch die belastenden Verfahrenswirkungen wurden strafmildernd in die Abwägung einbezogen. Beide Beschuldigten hatten sich im Frühjahr 2017 sogar etwas länger als der Oberbürgermeister in Untersuchungshaft befunden, ebenso auf der Grundlage von Verdachtsmomenten, die in der Hauptverhandlung in wesentlichen Teilbereichen entkräftet worden waren. Bei Volker Tretzel kam hinzu, dass er und die Firma BTT vorübergehend mit einem Vermögensarrest in Millionenhöhe belegt worden waren, der bei Annahme eines Verdachts der letztlich abgeurteilten Delikte aus Rechtsgründen nicht zulässig gewesen wäre, gegenüber dem Bauträger selbst von vornherein schon mangels persönlicher Haftung nicht. Franz W. hatte durch die Inhaftierung seine Anstellung verloren, stand seither ohne berufliche Perspektive da und war, soweit festgestellt, unter allen vier Beschuldigten am massivsten von grundrechtswidrigen Datenspeicherungen und Gesprächsaufzeichnungen im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung betroffen gewesen.
Straferschwerend berücksichtigte das Gericht bei den Vorteilsgewährungen die beträchtliche Höhe der Spenden. Bezüglich der Verstöße gegen das Parteiengesetz fanden lediglich die jeweiligen Jahresbeträge der als solche nachgewiesenen Strohmannspenden Niederschlag. Einen Verbotsirrtum konnte die Kammer bei dem Bauträger und seinem früheren Mitarbeiter anders als bei Joachim Wolbergs nicht feststellen. Zum einen fehlte auf Seiten von Volker Tretzel und Franz W. ein vergleichbares Wissensdefizit bezüglich der firmeninternen Abwicklung der Spendenzahlungen. Darüber hinaus lagen schriftliche Korrespondenz und aufgezeichnete Telefonate vor, aus denen hervorging, dass die Firmenleitung sich der Abhängigkeit der Baubranche von Verwaltungsentscheidungen bewusst und ihre Spendenmotivation von Geschäftsinteressen geprägt gewesen war (politische Klimapflege). Aus dieser Intention folgte nach Einschätzung des Gerichts jedoch zugleich, dass auch sämtliche vor dem Amts-antritt als Oberbürgermeister geleisteten Wahlkampfspenden der Jahre 2011 bis 2014 ausschließlich einen Bezug zu diesem (künftigen) Amt aufgewiesen und mit Joachim Wolbergs‘ vorheriger Amtsstellung als dritter Bürgermeister nichts zu tun gehabt hatten. Eine Strafbarkeit wegen Vorteilsgewährung oder Vorteilsannahme schied deshalb nach Überzeugung der Kammer bei diesen Spenden (in der Summe rund 325.000 Euro) aus.
Das Landgericht Regensburg war in der Beweisaufnahme intensiv der Frage nachgegangen, welchen Zuschnitt das Amt des dritten Bürgermeisters aufgewiesen hatte, solange es von Joachim Wolbergs bekleidet worden war. Alle hierzu vernommenen Auskunftspersonen hatten übereinstimmend bekundet, dass er zwar formal vertretungsberechtigt für den damaligen Oberbürgermeister Hans Schaidinger, mit Belangen der Bauwirtschaft aber dienstlich nicht befasst gewesen sei. Berührungspunkte hätten sich allenfalls im Zusammenhang mit Sozialprojekten ergeben, für die der dritte Bürgermeister originär zuständig gewesen sei. Einfluss auf Entscheidungen über städtische Grundstücksgeschäfte oder Baugenehmigungen habe Joachim Wolbergs in seiner Funktion als dritter Bürgermeister jedoch nicht gehabt. Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme setzen eine gelockerte Unrechtsvereinbarung voraus. Zwischen den Beteiligten muss Einigkeit bestehen, dass Leistungen für eine, wenn auch rechtmäßige, Dienstausübung im Sinne des Zuwendenden erbracht oder in Aussicht gestellt werden. Nach Auffassung der Wirtschaftsstrafkammer kam als Anknüpfungspunkt dabei lediglich die Dienstausübung im Rahmen des aktuell innegehabten Amtes in Betracht.
Joachim Wolbergs‘ Amtsbefugnisse als dritter Bürgermeister hätten sich, den getroffenen Feststellungen zufolge, nicht geeignet, die Geschäftsinteressen der Firma BTT zu fördern. Da dies allen Beteiligten bewusst gewesen war, bestand aus Sicht des Gerichts keine Basis für die Annahme einer gelockerten Unrechtsvereinbarung. Erst recht konnte sich die Kammer nicht von der Existenz konkreter Unrechtsvereinbarungen überzeugen, wie sie im Rahmen der Bestechungs- und Bestechlichkeitsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Verkauf von städtischen Grundstücken im Bereich der ehemaligen Nibelungenkaserne an die Firma BTT und den Verhandlungen über die Höhe der Sozialquote bei deren Bauvorhaben am Roten-Brach-Weg im Raum gestanden hatten. Diese Projekte fielen zwar in Joachim Wol-bergs‘ Amtszeit als Oberbürgermeister. Das Gericht sah sich jedoch trotz umfassender Auf-klärungsbemühungen auch am Ende der Hauptverhandlung nicht in der Lage, eine Einigung der Beteiligten über pflichtwidrige Diensthandlungen von Joachim Wolbergs, geschweige denn deren Ausführung festzustellen. Die schon im Eröffnungsbeschluss geäußerten Bedenken hatten vielmehr durch die Beweisaufnahme zusätzlich an Gewicht gewonnen.
Bereits bei Zulassung der Anklage mit rechtlichen Änderungen hatte die Kammer dargelegt, dass dem Oberbürgermeister im Komplex Nibelungenkaserne nach Aktenlage weder eine Beteiligung an konspirativen Gesprächen mit Vertretern der Firma BTT noch eine unzulässige Einwirkung auf die Beschlussfassung des Stadtrats anzulasten sei. Sie war deshalb bezüglich der Spenden nur vom hinreichenden Verdacht einer Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsannahme ausgegangen. Als einzige in Betracht kommende Pflichtwidrigkeit war eine Informationspflichtverletzung gegenüber dem Stadtrat durch Verschweigen vorheriger Ab-stimmungen über Kriterien eines Ausschreibungsentwurfs zwischen Norbert Hartl und der Firma BTT erwogen worden. Eine in der Anklage auf das Vorjahr des Stadtratsbeschlusses datierte Unrechtsvereinbarung hatte das Gericht unter anderem mangels Vorhersehbarkeit, dass die Unterlassung einer solchen Aufklärung für die Firma BTT irgendwann von Nutzen sein könnte, als zu unwahrscheinlich eingestuft. Nicht abschließend bewertet worden war die Frage, ob Joachim Wolbergs überhaupt Kenntnis von den Abstimmungen besessen hatte und zu einer Unterrichtung des Stadtrats somit imstande gewesen wäre.
Als mögliche Informationsquelle hatte eine auch an den dienstlichen Account des Oberbürgermeisters gesandte E-Mail von Norbert Hartl zur Diskussion gestanden, in der die Firma BTT aufgefordert worden war, etwaige Änderungswünsche in den beigefügten, das Nibelungenareal betreffenden Ausschreibungsentwurf einzutragen. Joachim Wolbergs hatte eine Kenntnisnahme von besagter E-Mail stets in Abrede gestellt. Weder aufgrund der gesicherten Daten noch sonst waren Anhaltspunkte zu verzeichnen gewesen, dass der Oberbürger-meister in irgendeiner Weise auf die fragliche E-Mail reagiert hätte. In der Hauptverhandlung waren daraufhin Nachforschungen zu seiner Büroorganisation angestellt worden, die ergeben hatten, dass ein mehrköpfiger Mitarbeiterstab mit unbeschränktem Zugriff auf Joachim Wolbergs‘ dienstliche E-Mails instruiert gewesen war, die täglich eingehenden, manchmal weit über hundert Sendungen vorab zu sichten und dem Oberbürgermeister bei (vermuteter) Relevanz ausgedruckt vorzulegen. Dieses Prozedere hatten beide in der Beweisaufnahme vernommenen Chefsekretärinnen aus der Amtszeit von Joachim Wolbergs bezeugt. Trotz-dem zu unterstellen, dass der Oberbürgermeister seinen dienstlichen Account zusätzlich selbst überprüft haben und dabei auf die E-Mail gestoßen sein musste, erschien der Kammer zu weitgehend. Andererseits konnte auch nicht von der Vorlage eines Ausdrucks aus-gegangen werden, weil die am Tag des Eingangs verantwortliche Büroleiterin nicht ausgeschlossen hatte, die E-Mail wegen des Absenders Norbert Hartl in der Annahme nicht weitergeleitet zu haben, es handele sich um eine parteipolitische Angelegenheit.
Abgesehen davon hatten sämtliche in der Hauptverhandlung gehörten Mitglieder des Stadtrats, die Planungs- und Baureferentin, der Leiter des Liegenschaftsamts sowie der Finanz- und Wirtschaftsreferent der Stadt Regensburg bestätigt, dass der Verkauf der ausgeschriebenen Areale an die Firma BTT dem politischen Willen des Stadtrats entsprochen habe und das Verhalten des Oberbürgermeisters bei den von ihnen jeweils miterlebten Sitzungen bzw. Unterredungen frei von besonderen Auffälligkeiten gewesen sei. Den Eindruck eines völlig normalen Vorgangs hatte die Planungs- und Baureferentin ebenso im Hinblick auf die Erörterungen der Sozialquote im Zusammenhang mit der geplanten Nachverdichtung auf Grund-stücken der Firma BTT am Roten-Brach-Weg geschildert. Die Zeugin war, ihrer Darstellung zufolge, gemeinsam mit dem Finanz- und Wirtschaftsreferenten bei Volker Tretzel mit einem Vorstoß nicht durchgedrungen, den Anteil des staatlich geförderten Wohnungsbaus, abweichend von damals der Beschlusslage im Regensburger Stadtrat entsprechenden 20 Prozent einvernehmlich auf 50 Prozent anzuheben. Joachim Wolbergs hatte eine Erhöhung aus politischen Gründen nicht als zweckmäßig erachtet, war dem Versuch der Verwaltung aber nicht entgegengetreten.
Nach Überzeugung der Wirtschaftsstrafkammer fehlte im Komplex Roter-Brach-Weg über-dies schon die Vereinbarung einer Zuwendung. Der Tatverdacht hatte sich zunächst aus aufgezeichneten Telefonaten ergeben, in denen Volker Tretzel mit dem Oberbürgermeister über die Möglichkeit gesprochen hatte, ihm 200.000 Euro für die Tilgung eines zur Wahlkampffinanzierung aufgenommenen privaten Darlehens zur Verfügung zu stellen. Der Bauträger hatte ferner die Absicht bekundet, Joachim Wolbergs bei der Verteidigung gegen Medienberichte unter die Arme zu greifen, indem er mit Hilfe von spezialisierten Anwälten für sich selbst rechtliche Schritte einleiten wollte. Die Unterhaltung über die 200.000 Euro hatte mit der Äußerung des Oberbürgermeisters geendet: „Nein, wir müssen jetzt mal schau‘n, wie ich da raus komm‘.“ Eine Annahmeerklärung war nach dem Verständnis des Gerichts auch aus den übrigen Formulierungen nicht abzuleiten. Außerdem hatten die Ermittlungen keinerlei Indizien für eine tatsächliche Auszahlung der 200.000 Euro ergeben. Die Ankündigung medienrechtlicher Unterstützung stellte aus Sicht der Kammer kein Angebot, sondern eine bloße Mitteilung dar, in der zum Ausdruck kam, dass Volker Tretzel sich entschlossen hatte, mit möglicherweise positiven Nebeneffekten für Joachim Wolbergs, aber letztlich doch in eigener Sache, tätig zu werden.
Bezüglich der Renovierungskosten für das Ferienhaus in Mitterhaselbach und die Pächterwohnung in der Alten Mälzerei sah die Kammer als glaubhaft an, dass sich Joachim Wolbergs kein vernünftiger Anlass geboten hatte, eine Splittung oder (im Fall Parkett Alte Mälzerei) Zurückhaltung von Rechnungen auf Anweisung der Firma BTT in Betracht zu ziehen. Wie mit Franz W. verabredet, waren ihm von den beauftragten Handwerkern Rechnungen übersandt worden, deren Gesamtbetrag sich nach den Erkenntnissen aus der Beweisaufnahme ungefähr in dem vorbesprochenen Rahmen bewegt hatte (Mitterhaselbach) bzw. gar nicht vorbesprochen worden war (Alte Mälzerei). Joachim Wolbergs hatte die Rechnungen jeweils von Franz W. prüfen lassen und dann beglichen. Dass er als technischer Laie den Mehrwert der Handwerkerleistungen erfasst und danach bewusst nicht selbst vergütet hätte, stufte das Gericht als fernliegend ein, zumal Joachim Wolbergs die Pächterwohnung in der Alten Mälzerei, Zeugenaussagen zufolge, während und nach der Renovierung überhaupt nicht mehr aufgesucht hatte. Hinzu kam, dass sämtliche Arbeiten und Abrechnungen bereits zu seiner Amtszeit als dritter Bürgermeister durchgeführt worden waren, eine Strafbarkeit wegen Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsannahme daher (analog zur Situation bei den Spenden der Jahre 2011 bis 2014) zusätzlich an der mangelnden Verknüpfung zwischen Zuwendung und Dienstausübung scheiterte.
Dasselbe Zeitargument traf auf den Wohnungskauf der Mutter zu, bei dessen Beurkundung Joachim Wolbergs zugegen gewesen war. Dass er sich in diesem Zusammenhang darauf berufen hatte, bei dem Notartermin unaufmerksam gewesen zu sein und das Vorlesen des Vertragspassus betreffend den Ausschluss der in Wirklichkeit von der Firma BTT erbrachten Innenausbauleistungen überhört zu haben, wertete die Kammer als durchaus lebensnah. Als Indiz, dass Joachim Wolbergs nicht darauf spekuliert hatte, mit Sonderkonditionen bedacht zu werden, berücksichtigte sie zudem, dass er nach der Bemusterung eine Mehrkostenaufstellung von der Firma BTT angefordert hatte, die ihm lediglich in der Folgezeit nicht zuge-gangen war. An der Anschaffung der Eigentumswohnung der Schwiegermutter war Joachim Wolbergs nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung bis auf eine anfängliche Nachfrage, was er von Wohnungen der Firma BTT halte, in keiner Weise beteiligt gewesen. Schließlich hatten die Preise beider Wohnungen in der Relation zu einer Vielzahl von Referenzobjekten der Firma BTT im mittleren bis oberen Bereich gelegen, was nach Einschätzung des Gerichts aus der Käuferperspektive für den Eindruck einer eher marktwertorientierten als vergünstigten Kalkulation gesprochen hätte.
Als weitgehend substanzlos haben sich nach Auffassung der Wirtschaftsstrafkammer in der Hauptverhandlung die Vorwürfe im Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen der SSV Jahn Regensburg Kommanditgesellschaft auf Aktien durch Volker Tretzel und im Bezug auf die Ausreichung eines Organkredits der Sparkasse Regensburg an die Eheleute Tretzel erwiesen. In der Anklage waren zunächst drei Kapitalerhöhungen als Gegenleistungen des Bauträgers für die Unterstützung des Oberbürgermeisters beim Erhalt des Zuschlags für den Kauf von städtischen Baugrundstücken auf dem Areal der ehemaligen Nibelungenkaserne qualifiziert worden. Das Landgericht Regensburg hatte die letzte Kapitalerhöhung im Eröffnungsbeschluss als eventuelle Gewährung bzw. Annahme eines Drittvorteils für Joachim Wolbergs zur Überprüfung im Hauptverfahren gestellt. Als Verdachtsgrundlage war im Wesentlichen auf die Zeugenaussage eines früheren Aufsichtsratsmitglieds rekurriert worden, wonach sinngemäß unausgesprochen im Raum gestanden habe, dass die Firma BTT den Baugrund auf dem Nibelungenareal bekommen müsse, damit die Profifußballabteilung des SSV Jahn Regensburg von Volker Tretzel weiterhin mit Geld versorgt würde.
Während der Zeuge bei seinen polizeilichen Vernehmungen neben Norbert Hartl auch auf Joachim Wolbergs als Beteiligten dieser unausgesprochenen Zweckvereinbarung hingedeutet hatte, war er in der Hauptverhandlung von dieser Andeutung abgerückt und hatte lediglich Norbert Hartl eine entsprechende Haltung zugeschrieben. Für die Einbindung des Oberbürgermeisters in irgendwelche derartigen Absprachen fehlte damit aus Sicht des Gerichts jeder Beleg. Die Alternativerklärung, dass Volker Tretzel mit den Kapitalerhöhungen lediglich sein eigenes Investment aus den Vorjahren schützen wollte, erschien der Kammer wesentlich plausibler. Als ebenfalls von ökonomisch nachvollziehbaren Erwägungen getragen, sah das Gericht das Kreditengagement der Sparkasse Regensburg für das Ehepaar Tretzel an. Wie die Beweisaufnahme eindeutig ergeben hatte, war der Kredit zu marktüblichen Konditionen bewilligt und sowohl wegen der erfolgreichen Anwerbung eines begehrten Neukunden als auch wegen des durch die Ausreichung zu erzielenden Gewinns von rund 50.000 Euro als lukratives Geschäft wahrgenommen worden.
Joachim Wolbergs hatte als Vorsitzender des Kredit- und Personalausschusses durch seine Unterschrift zwar an der Genehmigung des Kredits mitgewirkt. Er war allerdings an der Gestaltung der Kreditbedingungen in keiner Weise beteiligt gewesen. Ebenso wenig hatte ihm ein Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Kreditvergabe als solcher zugestanden. Zudem wäre es nach Auffassung der Kammer fernliegend gewesen, die nach den Feststellungen im Hinblick auf Joachim Wolbergs‘ Dienstausübung als Oberbürgermeister gezahlten Spenden an den SPD-Ortsverein Stadtsüden plötzlich abweichend von einer langjährigen vorherigen Spendenpraxis in Zuwendungen für dessen Amtsausübung als Vorsitzender des Kredit- und Personalausschusses der Sparkasse Regensburg umzuwidmen. Schließlich hätte es nach Überzeugung des Gerichts aus der Warte von Volker Tretzel keinen Sinn ergeben, zusätzlich einen fünf- bis sechsstelligen Geldbetrag im Gegenzug für einen Kredit zu spenden, den seine Hausbank zu identischen Konditionen ohne Mehrkosten gewährt hätte. Ein strafbares Verhalten der Beteiligten war somit nicht festzustellen.
Das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 3. Juli 2019 ist noch nicht rechtskräftig. Die Beschuldigten, soweit sie nicht freigesprochen worden sind, und die Staatsanwaltschaft haben die Möglichkeit, innerhalb einer Woche ab Verkündung Revision einzulegen. Zuständiges Revisionsgericht ist der Bundesgerichtshof.


Thomas Polnik
Vorsitzender Richter am Landgericht
Pressesprecher


Anhang


Wesentliche Urteilsfeststellungen

Joachim Wolbergs

Joachim Wolbergs sind lediglich zwei Fälle der Vorteilsannahme im Zusammenhang mit den Parteispenden der Jahre 2015 und 2016 (insgesamt rund 150.000 Euro) anzulasten.
Erkennungsmerkmale für den strafbewehrten Anschein der Käuflichkeit waren die Höhe der Spenden und seine dienstlichen Berührungspunkte mit der Firma BTT.
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Joachim Wolbergs von Strohmannspenden der Firma BTT wusste oder mit Strohmannspenden rechnete.
Neben den beiden Vorteilsannahmen fällt Joachim Wolbergs aufgrund dieses Wissensdefizits kein zusätzlicher Verstoß gegen das Parteiengesetz zur Last.
Die Spenden aus seiner Amtszeit als dritter Bürgermeister (2011 bis 2014) führen nicht zu Vorteilsannahmen, weil er mit Belangen der Bauwirtschaft damals nicht befasst war.
Auch für eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit oder Annahme privater Vorteile sieht das Landgericht Regensburg keine Grundlage.
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Joachim Wolbergs eine Dienstpflichtverletzung begangen oder sich hierzu bereit erklärt hat.
Dass Joachim Wolbergs bewusst Vergünstigungen bei Wohnungskäufen oder Renovierungen in Anspruch genommen hätte, hat die Beweisaufnahme nicht bestätigt.
Die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Sparkassenkredit und den Kapitalerhöhungen bei der SSV Jahn KGaA haben sich als weitgehend substanzlos erwiesen.
Joachim Wolbergs‘ Einlassung in der Hauptverhandlung stuft die Wirtschaftsstrafkammer in vollem Umfang als glaubhaft ein.
Der verbleibende Schuldvorwurf relativiert sich erheblich dadurch, dass Joachim Wolbergs im Glauben an die Zulässigkeit der Spenden handelte (Verbotsirrtum).
Sein Verbotsirrtum wäre durch Einholung von Rechtsrat vermeidbar gewesen, mindert die persönliche Vorwerfbarkeit aber stark (gesetzlicher Milderungsgrund).
Die nachteiligen Verfahrenswirkungen haben Joachim Wolbergs so schwer getroffen, dass eine Bestrafung offensichtlich verfehlt wäre.
Das Spektrum der Beeinträchtigungen erstreckt sich auf alle in der Hauptverhandlung beleuchteten Lebensbereiche von Joachim Wolbergs.
Besonders negativ hat sich seine Inhaftierung ausgewirkt, für deren Anordnung beim heutigen Stand der Erkenntnisse kein Raum gewesen wäre (vorläufige Suspendierung).


Volker Tretzel

Spiegelbildlich zur Beurteilung bei Joachim Wolbergs stellen die Parteispenden der Jahre 2015 und 2016 für Volker Tretzel zwei Fälle der Vorteilsgewährung dar.
Volker Tretzel war anders als Joachim Wolbergs mit Interna der Firma BTT vertraut, aus denen hervorging, dass teilweise Strohmannspenden flossen.
Diese Einblicke führen bei ihm zu einer Strafbarkeit auch wegen Verstoßes gegen das Parteiengesetz in fünf Fällen (Rechenschaftsjahre 2011 bis 2015).
Der Annahme eines Verbotsirrtums steht zudem entgegen, dass Volker Tretzels Spendenmotivation von Geschäftsinteressen geprägt war (politische Klimapflege)
Die Summe der Strohmannspenden (rund 277.000 Euro) war jedoch deutlich geringer als das Gesamtaufkommen der Spenden (rund 475.000 Euro).
Auch Volker Tretzel hat Untersuchungshaft aufgrund von Verdachtsmomenten erlitten, die in der Hauptverhandlung in wesentlichen Teilbereichen entkräftet worden sind.
Er und die Firma BTT waren außerdem vorübergehend mit einem Vermögensarrest in Millionenhöhe belegt, der sich als nicht gerechtfertigt herausgestellt hat.


Franz W.

Das Landgericht Regensburg sieht Franz W. wegen seiner maßgeblichen Beteiligung an der Organisation der Spenden als Mittäter von Volker Tretzel an.
Da er 2016 bereits aus der Firma BTT ausgeschieden war, fällt ihm nur ein Fall der Vorteilsgewährung (Parteispenden aus dem Jahr 2015) zur Last.
Hinzu kommen, wie bei Volker Tretzel, fünf Fälle des Verstoßes gegen das Parteiengesetz (Rechenschaftsjahre 2011 bis 2015).
Franz W. war am stärksten von grundrechtswidrigen Datenspeicherungen und Gesprächsaufzeichnungen bei der Telekommunikationsüberwachung betroffen.
Auch bei ihm beruhte die Untersuchungshaft auf mittlerweile in wesentlichen Teilbereichen entkräfteten Verdachtsmomenten und hat zum Verlust seiner Anstellung geführt.


Norbert Hartl

Norbert Hartls Freispruch resultiert daraus, dass in den für ihn bedeutsamen Sachverhaltskomplexen keine beihilfefähige Tat von Joachim Wolbergs festgestellt wurde.