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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 48 vom 18.06.2018

Kein Geld für IS - Soldatenbraut

Versuchte Überweisung an die in den IS-Staat ausgereiste und dort mit einem IS-Kämpfer verheiratete Schwester trägt Geldauflage ein

Am 12.04.2018 verurteilte der zuständige Jugendrichter in dem von der Zentralstelle Extremismus/Terrorismus bei der Generalstaatsanwaltschaft München geführten Strafverfahren eine zur Tatzeit 20jährige Münchner zahnmedizinische Angestellte wegen Verstoßes gegen das Bereitstellungsverbotes des Außenwirtschaftsgesetzes zu einer Zahlung von 1000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung.

Ihre vier Jahre jüngere Schwester fand nach Angaben der Verurteilten nach einem wiederholten Umzug keine Freunde, bekam Depressionen, radikalisierte sich über das Internet, begann im Gegensatz zur ansonsten westlich orientierten Familie zunächst ein Kopftuch, dann sogar eine Vollverschleierung zu tragen, bis sie schließlich Anfang 2015 in das syrisch-irakische IS-Kriegsgebiet ausreiste, wo sie nach islamischem Ritus einen ebenfalls aus Deutschland stammenden IS-Soldaten heiratete, dem sie den Haushalt führte und von dem sie zweimal schwanger wurde. 

In der zweiten Jahreshälfte 2015 bat die Schwester die Verurteilte mittels Whatsapp um 800 USD für Miete, Wohnung streichen usw., Kampfsachen für den Mann und Unterhalt für die Schwester, wenn der Mann für 3 Monate zum Kämpfen gehe. Auf drängendere Bitten, dass nun kein Geld mehr da sei und der Mann nun für einen Monat in den Kampf ziehe, brachte die Verurteilte trotz finanzieller Probleme Mitte November 2015 400 Euro auf, die sie an einen von ihrer Schwester benannten Mittelsmann anweisen sollte. Aus Angst vor polizeilicher Beobachtung und im Bewusstsein sich mit einer solchen Zahlung strafbar zu machen, bat die Verurteilte schließlich eine Freundin, die Überweisung des ihr dazu übergebenen Geldes zu veranlassen. Die Freundin wurde nicht in die Hintergründe eingeweiht. Da der Empfänger in der Datenbank der beauftragten Bank bereits für Transaktionen gesperrt war, kam das Geld nicht bei ihm an, sondern wurde zurückgebucht. Der Verurteilten war bewusst, dass ihre Zahlung zumindest mittelbar dem IS zugutekommen würde.

Die Verurteilte räumte die Tat unumwunden ein.
Sie habe ihrer Schwester helfen wollen, habe Schuld für das Weggehen der Schwester bei sich selbst gesehen, habe ein totales Versagergefühl gehabt. Man hätte das mit dem Kopftuch und dem Verschleiern mehr hinterfragen müssen. Sie sei nach dem Vorfall auch länger krank geworden.

Der zuständige Jugendrichter am Amtsgericht München ging davon aus, dass die damals wie heute stark in den Familienverbund eingebundene und seinerzeit noch in Ausbildung befindliche Verurteilte bei Tatbegehung einer Jugendlichen gleichstand, so dass Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen müsse.
„Zugunsten der Angeklagten ist zu berücksichtigen, dass sie nicht vorgeahndet ist, die Tat nun mittlerweile 2 1/2 Jahre zurückliegt, die Angeklagte nur mit bedingten Vorsatz gehandelt hat, im Hinblick auf den Umstand, dass ein Teil des zu überweisenden Geldes auch dem Kampf des ISIG zugute kommen sollte, sowie der Umstand, dass die Angeklagte zunächst dem Verlangen ihrer Schwester, ihr Geld zu überweisen, nicht nachkam. Schließlich muss auch noch zugunsten berücksichtigt werden, dass die Familie insgesamt durch die Zuwendung der Schwester zum Islamischen Staat sehr stark belastet ist. (…)

Unter diesen Umständen war es erzieherisch ausreichend aber auch geboten, die Angeklagte anzuweisen, eine Geldauflage in Höhe 1000,00 € an eine gemeinnützige Organisation zu bezahlen.“


Urteil des Amtsgerichts München vom 12.04.2018, Aktenzeichen 1023 Ds 53 Js 3/17 jug
Das Urteil ist rechtskräftig.

 
Klaus-Peter Jüngst


N. B.: Da das Geld nicht beim Empfänger ankam, lag hier lediglich ein Versuch vor, der vom Tatbestand der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland nicht unter Strafe gestellt wird. Eine Strafverfolgung war vorliegend nur deshalb möglich, weil der IS auf einer Sanktionsliste der EU gelistet ist, somit ein Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz vorlag und das Außenwirtschaftsgesetz auch den Versuch unter Strafe stellt.  
Bei Verbrechen (=das Gesetz fordert mind. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, § 12 Abs.1 StGB) ist der Versuch immer strafbar, bei Vergehen (§ 12 Abs.2 StGB) nur, wenn dies im Gesetz ausdrücklich geregelt ist, § 23 Abs.1 StGB.

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