Menü

Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 67 vom 23.08.2019

Nicht alles Brilliant, was glänzt

Mängel am vereinbarten Brillantschliff berechtigen hier zur Rückabwicklung des Kaufvertrages

Das Amtsgericht München verurteilte am 02.08.2019 die beklagte Firma im Goldan- und -verkauf aus München, an den Kläger 650,00 € nebst vorgerichtlichen Auslagen und Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe und Rückübereignung des Gelbgoldrings aus 750 Karat Gold, zentral besetzt mit einem Saphir und 31 Diamanten, 0,80 feines Weiß, 9224 zu zahlen und stellte fest, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet.

Der Kläger aus dem östlichen Landkreis München erwarb im Mai 2018 von der Beklagten einen gebrauchten Gelbgoldring unter der Beschreibung „750 Karat Gold, ein Saphir, 31 Brillanten, 0,80 feines Weiß, 9224“ für 650,00 € als Geschenk für seine Ehefrau. Der Kläger schaute sich den Ring genau an. Auf ausdrückliche Nachfrage wurde dem Kläger bestätigt, dass es sich um 31 Brillanten handeln würde. Dies wurde auch auf seinen Wunsch im Schmuckpasszertifikat festgehalten.
Bei den als Brillanten bezeichneten Steinen handelt es sich tatsächlich um Diamanten mit Single-Cut-Schliff, auch als vereinfachter Brillantschliff bezeichnet. Ein Single-Cut-Schliff ist ein weniger aufwändiger, minderwertigerer Schliff als ein Brillantschliff. Ein Brillant hat - anders als ein Diamant im Single-Cut-Schliff- mindestens 57 Facetten. In der Folge konfrontierte der Kläger die Beklagte damit, dass es sich nur um Diamanten mit Single-Cut-Schliff handeln würde und begehrte die Rückabwicklung des Vertrages. Daraufhin wurde ihm von der Beklagten lediglich ein geändertes Schmuckpasszertifikat übergeben. In diesem wurde schlicht eingefügt, dass es sich um Diamanten mit Single-Cut-Brillantschliff handele.

Der Kläger ist der Auffassung, ein Sachmangel des Ringes liege hier in Form einer Abweichung von der zwischen den Parteien getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung vor, da es sich vorliegend nicht um Brillanten handele.

Vor Gericht lehnte er eine vergleichsweise Verständigung mit der Beklagten ab und schilderte sinngemäß, dass er aus dem Münchner Raum komme, und da sage man gerne etwas wie „Geh Schatz, tu Deine Brilli hin“. Das gehe jetzt aber mit dem fraglichen Ring nicht mehr, weil er und seine Frau dabei nun ein schlechtes Gefühl hätten.

Die Beklagte hingegen meint, dass auch der Single-Cut-Schliff, der als vereinfachter Brillantschliff bezeichnet wird, die Bezeichnung als „Brillant“ rechtfertige. Außerdem sei dem Kläger das Aussehen der Diamanten bekannt gewesen, so dass er sich deshalb nicht auf Sachmangelrechte berufen könne. Zudem habe ein etwaiger Irrtum über die Schliffart auf die Kaufentscheidung keinen Einfluss gehabt.
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab dem Kläger Recht.

„Bei der im Schmuckzertifikat festgehaltenen Beschreibung, dass der Ring mit 31 Brillanten besetzt sei, handelt es sich um eine Beschaffenheitsvereinbarung (...). Ein Brillantschliff ist ein aufwendiger Schliff mit mindestens 57 Facetten. Bekommen hat der Kläger 31 Diamanten mit Single-Cut-Schliff, auch bezeichnet als vereinfachter Brillantschliff. Dieser Schliff hat nicht so viele Facetten wie der Brillantschliff. (...) Unbestritten handelt es sich bei dem Single-Cut-Schliff auch um einen dem Brillantschliff gegenüber minderwertigeren Schliff.

Der Laie darf bei der Bezeichnung als Brillant erwarten, dass es sich hierbei um den klassischen Brillantschliff handelt. Wenn es sich um einen Sonderschliff, z.B. einen vereinfachten Brillantschliff bzw. Single-Cut-Schliff handelt, dann muss dies angegeben sein, da insofern ein nicht unbedeutender Unterschied zwischen den Diamanten besteht. Sofern der Single-Cut-Schliff in früheren Zeiten möglicherweise einmal als Brillantschliff bezeichnet worden sein sollte (d.h. sich die Bedeutung der Bezeichnung „Brillant“ im Laufe der Zeit gewandelt haben sollte), so wäre dennoch klarzustellen gewesen, dass es sich nicht um den heutzutage als Brillantschliff bekannten Schliff handelt. Der Käufer kauft Schmuck auf Grundlage der zur heutigen Zeit gängigen Bezeichnung. (...)  Im Rahmen einer Beschaffenheitsvereinbarung kommt es hingegen nicht darauf an, ob insofern die Kaufentscheidung beeinflusst war oder nicht. (...) Auch wenn der Laie die Diamanten beim Kauf in Augenschein genommen hat, so muss der Laie bei der Inaugenscheinnahme unterschiedliche Diamantschliffe nicht unterscheiden können.“

Urteil des Amtsgerichts München vom 02.08.2019, Aktenzeichen 275 C 6717/19

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Klaus-Peter Jüngst

Download Pressemitteilung