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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 99 vom 16.12.2019

Champions-League-Räuber

Der Drang zur Teilnahme an einem Champions League Spiel führt über eine zweimonatige Untersuchungshaft zur Bewährungsstrafe

Am 13.11.2019 verurteilte das zuständige Schöffengericht am Amtsgericht München einen 36jährigen Fan des Roten Stern Belgrad wegen räuberischen Diebstahls und gefährlicher, weil gemeinschaftlich begangener Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung und verbot ihm für die Dauer der dreijährigen Bewährungszeit den Besuch aller Spiele von der Champions-League bis zur Regionalliga sowie ein Anwesenheit auch nur im Umfeld von Spielen des FC Bayern oder des Roten Stern Belgrad.

Die mindestens vierköpfige Gruppe um den Angeklagten hatte anlässlich der Fußball-Champions League-Begegnung zwischen dem FC Bayern München und Roter Stern Belgrad in der Allianz-Arena in München sich spontan verabredet, gemeinsam Eintrittskarten von anderen Besuchern zu entwenden und stieß am 18.09.2019 gegen 19.53 Uhr vor Spielbeginn auf eine achtköpfige Fangruppe des roten Stern Belgrad aus der Schweiz, die ihre Eintrittskarten noch alle in der Hand hielten. Einer aus der Gruppe um den Angeklagten entriss aufgrund dieses gemeinsamen Tatplans dem ersten Geschädigten dessen Eintrittskarte, die dieser offen in der Hand hielt. Ein weiterer nicht näher bekannter Täter aus der Gruppe um den Angeklagten entwendete einem zweiten Geschädigten dessen Eintrittskarte auf gleiche Weise und gab sie an den Angeklagten weiter. 
Der erste Geschädigte umklammerte daraufhin einen der nicht näher bekannten Täter, um seine Eintrittskarte zurückzuerhalten und erhielt dafür vom Unbekannten einen Kopfstoß, so dass der Geschädigte eine Platzwunde erlitt. Der zweite Geschädigte forderte vom anderen unbekannten Täter ihm die Eintrittskarte zurückzugeben. Dieser und der Angeklagte schlugen nun auf ihn und dessen zu Hilfe eilenden Bruder ein, wobei sich der Angeklagte durch besonders heftige Schläge hervortat. Der zweite Geschädigte erlitt dadurch eine blutende Wunde an der Nase und ein blutunterlaufenes Auge, dessen zu Hilfe eilender Bruder einen Kratzer am rechten Ohr, ein Hämatom am Hinterkopf sowie Schmerzen.

Der Verteidiger wie der als Zeuge vernommene Bruder des Angeklagten gaben an, man habe zuvor überraschend keinen Einlass zum Spiel gefunden, da nach Einscannen der eigenen Eintrittskarten sich andere, die keine Karten hatten, durch die Sperre gedrängelt hätten.

Die Sachverständige errechnete eine Alkoholisierung von max. 1,9 Promille und sah angesichts seines von den Zeugen geschilderten allseits orientierten Handelns keine Einschränkung der Schuldfähigkeit des Angeklagten, allenfalls eine alkoholbedingte Enthemmung.
Die Vorsitzende Richterin begründete das Urteil des Schöffengerichts u.a. damit, dass der Angeklagte, „… sich vollumfänglich geständig zur Sache eingelassen hat und bislang strafrechtlich auch nicht in Erscheinung getreten war. Zudem wirkte sich zugunsten des Angeklagten aus, dass es sich vorliegend - nicht widerlegbar - um einen spontanen Tatentschluss gehandelt hat, nachdem der Angeklagte mit seiner eigenen Eintrittskarte nicht mehr eingelassen wurde, da statt seiner nach einscannen seiner Karte andere sich durch den Eingang drängelten. Weiterhin sprach zugunsten des Angeklagten, eine im Tatzeitpunkt vorliegende alkoholbedingte Enthemmung. Schließlich war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass dieser sich nahezu zwei Monate in Untersuchungshaft befand und sich bereits aufgrund der sprachlichen Barriere als besonders haftempfindlich zeigte.

Zu Lasten des Angeklagten musste jedoch gewertet werden, dass es sich um massive Faustschläge gegen die Geschädigten gehandelt hat und der Angeklagte nicht unerhebliche Gewalt einsetzte. Zudem kam es zu erheblichen Verletzungen bei den Geschädigten, insbesondere der Geschädigte (…) erlitt eine Verletzung des Auges, aus der während der gesamten Sachbearbeitung noch Blut und andere Körperflüssigkeit herauslief. (…)

Unter Abwägung dieser für und wider den Angeklagten sprechenden Aspekte erachtet das Gericht eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten für tat- und schuldangemessen.
Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte vorliegend zur Bewährung ausgesetzt werden. Die besonderen Voraussetzungen des § 56 Abs.2 StGB liegen vor, da der Angeklagte sich umfassend geständig zur Sache einließ. Weiterhin wollte sich der Angeklagte bei den Geschädigten entschuldigen, was jedoch allein deshalb misslang, da die Geschädigte nicht bereit waren aus der Schweiz anzureisen. Die Geschädigten zeigten auch bei der Anzeigenaufnahme keinerlei Strafverfolgungsinteresse hinsichtlich des Angeklagten. Der Angeklagte lebt im Übrigen in geordneten sozialen Verhältnissen und geht einer geregelten Arbeit nach.“

Urteil des Amtsgerichts München vom 13.11.2019, Aktenzeichen 843 Ls 465 Js 190401/19
Das Urteil wurde sogleich rechtskräftig.


Klaus-Peter Jüngst

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