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Generalstaatsanwaltschaft Bamberg

Pressemitteilung Nr. 5 vom 11.03.2021

Zentralstelle Cybercrime Bayern erhebt Anklage wegen Cardsharing-Geschäftsmodell gegen 30-Jährigen aus Rosenheim

Nach umfangreichen, sich über mehrere Jahre erstreckende Ermittlungen gemeinsam mit der Kriminalpolizeiinspektion Rosenheim hat die Zentralstelle Cybercrime Bayern Anklage gegen einen 30-Jährigen aus Rosenheim erhoben. Der Mann soll zwischen 2013 und 2018 in über 700 Fällen durch sog. Cardsharing das Entschlüsselungssignal eines bekannten Pay-TV-Anbieters illegal an Dritte weiterveräußert haben.


Bamberg/Rosenheim/München. Der bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg errichteten Zentralstelle Cybercrime Bayern ist ein weiterer Schlag gegen die Cardsharing-Szene gelungen. Beim sogenannten Cardsharing wird eine Original-Smartcard für den Empfang von Pay-TV über eine Netzwerkverbindung an einen Cardsharing-Server angeschlossen. Die Nutzer verwenden dabei einen Receiver mit modifizierter Software. Die Täter gewähren den Nutzern nach Zahlung Zugriff auf die über einen Server bereitgestellten Kontrollwörter für die Entschlüsselung des jeweiligen Sendesignals.


Dem 30-jährigen Angeschuldigten wirft die Zentralstelle Cybercrime Bayern in ihrer Anklageschrift nun vor, sich von Personen aus Bosnien und Herzegowina die Nutzungsmöglichkeiten von diversen Cardsharing-Servern verschafft zu haben. In der Folge soll der Angeschuldigte die verschlüsselten Kontrollwörter des Pay-TV-Anbieters einer Vielzahl von Kunden über das Internet zur Verfügung gestellt haben, so dass es den Kunden möglich war, das Pay-TV-Angebot unverschlüsselt zu empfangen. Da für diese Form des Cardsharings besondere, manipulierte Receiver erforderlich sind, soll der Angeschuldigte diese ebenfalls für seine Kunden vermittelt oder erworben haben. Der Mann, der sich jetzt vor dem Landgericht München II verantworten muss, habe für die manipulierten Receiver zwischen 150 und 500 EUR erhalten. Daneben soll er von seinen Kunden ein jährliches Entgelt von 150 EUR pro Zugang verlangt haben.


Zu den Kunden des Mannes gehörten neben Privatpersonen auch eine Reihe von Wettbüros und Gaststätten in Südbayern. Die Betreiber dieser Einrichtung müssen sich in gesonderten Ermittlungs- und Strafverfahren verantworten. Sie wurden teilweise bereits rechtskräftig verurteilt. Dem Pay-TV-Betreiber soll durch das Geschäftsmodell des Angeschuldigten ein Gesamtschaden in Höhe von knapp 130.000 EUR durch entgangene Abonnement-Verträge entstanden sein. Der Angeschuldigte wiederum soll durch sein Geschäftsmodell Einnahmen in Höhe von rund 144.000 EUR erzielt haben.


Die Ermittlungen der Spezialisten der Zentralstelle Cybercrime Bayern und der Kriminalpolizeiinspektion Rosenheim gestalteten sich außerordentlich aufwändig. So waren eine Vielzahl von Chatverläufen zwischen dem Angeschuldigten und seinen Kunden auszuwerten. Daneben wurde der Internetverkehr auf den vom Angeschuldigten mutmaßlich für die Tatbegehung verwendeten Cardsharing-Servern mitgeschnitten und durch IT-Experten akribisch untersucht. Zudem erfolgten umfangreiche Finanzermittlungen zu den Zahlungsströmen zwischen dem Angeschuldigten und seinen Kunden.


Die Zentralstelle Cybercrime Bayern wirft den Angeschuldigten unter anderem 103 Fälle des gewerbsmäßigen Computerbetrugs und 630 Fälle des versuchten gewerbsmäßigen Computerbetrugs vor. Das Gesetz sieht für jeden Fall Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.


Der Angeschuldigte hat den ihm zur Last gelegten Sachverhalt im Ermittlungsverfahren vollständig eingeräumt. Über die Zulassung der Anklage hat jetzt eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München II zu entscheiden.