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Generalstaatsanwaltschaft Bamberg

Pressemitteilung 14/2023 vom 26.10.2023

Zugriff in Costa Rica: Mutmaßlicher Inhaber von betrügerischen Callcentern festgenommen und Vermögenswerte im siebenstelligen Bereich gesichert


(Fortführung von PM Nr. 8/2021 und PM Nr. 6/2022)

Bamberg/Neu-Ulm/San José. Nach jahrelangen Ermittlungen der Kriminalpolizeiinspektion Neu-Ulm und der Zentralstelle Cybercrime Bayern konnte im August 2023 in einer gemeinsamen Aktion mit den Behörden Costa Ricas und unter Beteiligung des Bundeskriminalamts ein 40-jähriger Tatverdächtiger in Puntarenas festgenommen werden. Dabei wurde sein Anwesen durchsucht und umfangreiches Beweismaterial sowie Vermögenswerte in siebenstelliger Höhe gesichert. Der Beschuldigte soll als Kopf einer aus zahlreichen Personen bestehenden Tätergruppierung mindestens ein betrügerisches Callcenter im Kosovo betrieben haben.


Seit 2020 ermitteln die Kriminalpolizeiinspektion Neu-Ulm und die Zentralstelle Cybercrime Bayern in einer Vielzahl von Fällen des betrügerischen Cybertradings. Die verfolgte Tätergruppierung betrieb seit mindestens 2017 eine Vielzahl betrügerischer Trading-Plattformen im Internet. Bereits im März 2021 kam es in enger Kooperation mit den kosovarischen Behörden zu einem groß angelegten Action Day in Pristina. Wegen der Einzelheiten wird auf die Pressemitteilung vom 06.04.2021 verwiesen (PM 8/2021).

Im Anschluss an diesen konzertierten Zugriff nahmen die umfangreichen und komplexen Ermittlungen der bayerischen Ermittlungsbehörden ihren Fortgang. Mittlerweile ist von über 70 deutschen und österreichischen Geschädigten Anzeige erstattet worden, die über 5,5 Millionen Euro an die Tätergruppierung verloren haben. Das Dunkelfeld ist jedoch beträchtlich: Es ist davon auszugehen, dass die Tätergruppierung aus mehreren Callcentern heraus weltweit einen Gesamtschaden von über 22 Millionen Euro verursacht hat. 

Im Zuge der Ermittlungen gelang die Identifikation mehrerer Hintermänner. Einer dieser Hintermänner konnte in Costa Rica lokalisiert werden. Am 29. August 2023 wurde der 40-jährige israelische Tatverdächtige in einer gemeinsamen Aktion der costa-ricanischen und deutschen Behörden von Spezialeinsatzkräften in Puntarenas festgenommen. Dabei wurde auch das Anwesen des Beschuldigten durchsucht und umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Darüber hinaus wurden Vermögenswerte in siebenstelliger Höhe gesichert, darunter Immobilien und Kryptowährungen. An den Maßnahmen waren vor Ort insgesamt rund 50 Beamte beteiligt, darunter neben den costa-ricanischen Einsatzkräften auch zwei Spezialstaatsanwälte aus Bamberg und Polizeibeamte aus Schwaben. Sie wurden dabei intensiv durch das Bundeskriminalamt unterstützt, das ebenfalls in die Maßnahmen eingebunden war. 

Der Erfolg der Aktion ist maßgeblich auf die intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den costa-ricanischen Ermittlungsbehörden, insbesondere der Organismo de Investigación Judicial (OIJ) und des La Oficina de Asesoría Técnica y Relaciones Internaciones (OARTI), zurückzuführen. 

Seitens der deutschen Behörden wird nunmehr die Auslieferung des Festgenommenen nach Deutschland vorangetrieben.

Ein weiterer Hintermann konnte bereits im Oktober 2022 auf Ibiza aufgrund eines von der Zentralstelle Cybercrime Bayern erwirkten Europäischen Haftbefehls durch die spanische Polizei festgenommen werden. Der heute 42-jährige israelische Tatverdächtige wurde jedoch am Folgetag vom zuständigen Gericht aus der Haft entlassen und entzog sich anschließend dem Auslieferungsverfahren. Er ist seitdem flüchtig.

Parallel wurden in dem Gesamtkomplex in den vergangenen anderthalb Jahren bereits sechs weitere Mitglieder der Tätergruppierung rechtskräftig verurteilt:

Schon im April 2022 hatte die Zentralstelle Cybercrime Bayern Anklage gegen einen damals 34-jährigen albanischen Staatsangehörigen erhoben, der als Leiter eines der Callcenter Teil der Tätergruppierung war. Wegen der Einzelheiten wird auf die Pressemitteilung vom 18.05.2022 verwiesen (PM 6/2022). Er wurde im Juli 2022 durch das Landgericht Augsburg rechtskräftig wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Fünf weitere kosovarische Staatsangehörige wurden nach Auslieferungen aus Albanien, Nordmazedonien und Schweden zudem zu Gesamtfreiheitsstrafen von bis zu vier Jahren verurteilt. Sie waren als sog. Retention Agents in den Callcentern in Pristina tätig. 

Gegen zwei weitere Mitglieder der Tätergruppierung wurde bereits Anklage erhoben. So muss sich u.a. derzeit ein im August 2022 aus Kroatien ausgelieferter kosovarischer Staatsangehöriger vor Gericht verantworten. Gegen den 35-Jährigen war im April 2023 Anklage erhoben worden, da er in den Jahren 2017 bis 2018 als Manager in einem der Callcenter tätig gewesen sein und dabei einen Schaden in siebenstelliger Höhe mitzuverantworten haben soll. Der Prozess läuft seit Anfang September vor einer Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Augsburg.