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Oberlandesgericht München

Oberlandesgericht München

Commercial Court

Commercial Courts sind erstinstanzliche Spezialsenate für zivilrechtliche nationale und internationale Wirtschaftsstreitigkeiten ab einem Streitwert von 500.000 Euro, die auf übereinstimmenden Wunsch der Parteien angerufen werden können. Der Commercial Court ist ein auf wirtschaftlich bedeutende Verfahren zugeschnittener Teil der staatlichen Gerichtsbarkeit.

Das Justizstandort-Stärkungsgesetz hat am 04. Juli 2024 die Länder zur Schaffung von Commercial Courts ermächtigt und der Freistaat hat am 01. Juni 2025 hierfür zwei Zivilsenate des Oberlandesgerichts München für ganz Bayern eingerichtet. Die beiden Spezialsenate sind deutschlandweit und gegebenenfalls auch international zuständig und können für Lieferkettenstreitigkeiten sowie für Streitigkeiten zwischen einer Gesellschaft und Mitgliedern des Leitungsorgans oder Aufsichtsrats angerufen werden (§ 1a GZVJu - externer Link)

Vorteile der Commercial Courts

Die Commercial Courts bieten für Unternehmen eine attraktive Alternative zur Schiedsgerichtsbarkeit, da die Vorzüge und Vorteile beider Verfahrensarten, der unabhängigen staatlichen Gerichtsbarkeit einerseits und der Schiedsgerichtsbarkeit andererseits, kombiniert wurden.

Hohe Spezialisierung

Die Commercial Courts sind mit drei Berufsrichtern besetzte, für Wirtschafts-, Unternehmens- und Handelsrecht hochspezialisierte Fachsenate eines Oberlandesgerichts, deren Mitglieder über langjährige Erfahrung in der Führung nationaler und internationaler Zivilverfahren im Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht verfügen.

Beschleunigung

Der kurze Instanzenzug garantiert eine zeitnahe Erledigung der Streitigkeit.  Das Oberlandesgericht wird als Eingangsinstanz tätig und die Revision zum Bundesgerichtshof bedarf keiner Zulassung (§ 614 ZPO - externer Link).

In einem frühen Organisationstermin können mit den Parteien Verfahrensvereinbarungen getroffen werden und beispielsweise mit einem Zeitplan ein effektiver Ablauf gefördert werden (§ 612 ZPO - externer Link).

Auch in der internen Gerichtsorganisation ist das Verfahren vor den Commercial Courts auf Beschleunigung angelegt. Insbesondere bestimmt der Geschäftsverteilungsplan des OLG München einen Vorrang der Tätigkeit am Commercial Court vor anderen Aufgaben der beteiligten Richter.

Gerichtssprache

Vor den Commercial Courts kann das Verfahren ganz oder teilweise auch in englischer Sprache geführt werden (§ 184a f. GVG). Auch wenn das Verfahren nicht vollständig in Englisch geführt wird, können Vertragsdokumente, Urkunden oder Schriftsätze in Englisch vorgelegt werden und müssen nicht kostspielig und langwierig übersetzt werden.

Erweiterung der Geheimhaltungsvorschriften 

Bei der Verhandlung über Geschäftsgeheimnisse kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.

Wortprotokoll

Auf Wunsch der Parteien wird ein Wortprotokoll über die Verhandlung geführt.

Guidelines

In Zusammenarbeit mit den Commercial Court-Senaten der Oberlandesgerichte der deutschen Länder wurden in Guidelines die Verfahrensgrundsätze und Wissenswertes für das nationale und internationale Publikum beschrieben. [link]

Mediation

Es besteht die Möglichkeit eines auf die Commercial Courts abgestimmten gerichtsinternen Mediationsverfahrens.

Zuständigkeit

1. Streitigkeiten in der Lieferkette (40. Zivilsenat), d.h. Streitigkeiten zwischen dem Hersteller eines Endprodukts und seinen Zulieferern sowie der Zulieferer untereinander.

Dabei kann es sich um Vertragsstreitigkeiten handeln, also um die Auslegung und Erfüllung von Lieferverträgen, um Mängelrechte, Ansprüche aus Verzug, Kündigung u.a. In Betracht kommen zudem Streitigkeiten aus Lieferunterbrechungen, Störungen entlang der Lieferkette oder Einschränkungen der Belieferung. Und schließlich sind Streitigkeiten zu Nachhaltigkeitsanforderungen in der Lieferkette erfasst, also über ESG-Konformität, menschenrechtliche und umweltrechtliche Standards.


2. Streitigkeiten zwischen einer Gesellschaft und Mitgliedern des Leitungsorgans oder Aufsichtsrats (41. Zivilsenat) mit Ausnahme von Streitigkeiten über die Wirksamkeit oder Rechtmäßigkeit von Beschlüssen von Gesellschaftern oder Gesellschaftsorganen, Verfahren nach § 71 Abs. 2 Nr. 4 GVG oder nach § 375 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

Zugang zum Commercial Court

Der Zugang zum Commercial Court erfolgt auf freiwilliger Basis, also in erster Linie aufgrund Gerichtsstandsvereinbarung, rügeloser Einlassung oder durch Verweisung des Landgerichts auf übereinstimmenden Antrag gemäß § 611 ZPO (externer Link).

Richterpersönlichkeiten - Besetzung der Senate

40. Zivilsenat - Commercial Court für Lieferkettenstreitigkeiten

  • Vorsitzende Richterin am OLG Dr. Gesa Lutz

    Langjährige Vorsitzende von Zivilkammern und -senaten (Bank-, Kapitalanlagesachen, Recht des unlauteren Wettbewerbs, Kartell- und Urheberrecht) mit Spezialisierung im Internationalen Privat- und Prozessrecht, Kartell-, Bank- und Kapitalmarktrecht sowie im Vertrags- und Deliktsrecht

    Dr. Lutz kommentiert in BeckOK ZPO und BeckOGK ZPO.

 

  • Richter am Oberlandesgericht Christian Weiß

    Spezialisierung als vormaliger Rechtsanwalt mit Schwerpunkt im Wirtschaftsrecht, als langjähriger Staatsanwalt für Wirtschaftsstrafverfahren und als Richter in Zivilkammern und -senaten im Gesellschaftsrecht, Recht zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, gewerblichen Rechtsschutz, Unternehmenskäufe und Unternehmensbewertungen.

    Christian Weiß ist an der TUM School of Management im Bereich Wirtschaftsstrafrecht tätig. Er hat zum Konzernstrafrecht publiziert („Konzernstrafrecht – Handbuch für die Unternehmens- und Anwaltspraxis“, Herausgeber Minkoff/Sahan/Wittig, C.H. Beck).

 

  • Richterin am Oberlandesgericht Sabine Bruckmann

    Langjährige Spezialisierung als Staatsanwältin und Richterin in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen sowie als Mitglied von Zivilkammern und -senaten im Bereich Bank- und Finanzangelegenheiten, gewerbliche Anlageberatung und -vermittlung, Handelssachen, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten; Erfahrung als Güterichterin.

41. Zivilsenat - Commercial Court für Streitigkeiten zwischen Gesellschaften und ihrer Leitungsorgane

  • Vorsitzender Richter am OLG Prof. Dr. Gregor Vollkommer

    Mitglied von verschiedenen Zivilkammern und -senaten mit besonderen Zuständigkeiten im Versicherungsrecht und Bank- und Kapitalmarktrecht, bei der Rechtsanwalts- und Steuerberaterhaftung, sowie für Insolvenzsachen; Vertreter des StMJ in der Vertretung des Freistaats in Brüssel, wissenschaftliche Tätigkeit im Internationalen Privat- und Prozessrecht.

    Prof. Dr. Vollkommer ist Honorarprofessor an der Technischen Universität München (TUM) und publiziert regelmäßig zu Fragen des Zivil- und Zivilprozessrechts.

 

  • Richterin am Oberlandesgericht Theresia Webert-Girshausen

    Spezialisierung als Staatsanwältin in Wirtschaftsstrafsachen, als Mitglied von Zivilkammern und -senaten u.a. im Insolvenz- und Bankenrecht. Ausgebildete Mediatorin mit langjähriger Mediatorenerfahrung.

 

  • Richterin am Oberlandesgericht Kathrin Huber, M.Jur (Oxford)

    Mitglied von verschiedenen Zivilsenaten und -kammern, Staatsanwältin für Wirtschaftsstrafsachen und  hauptamtliche Arbeitsgemeinschaftsleiterin für Rechtsreferendare. Ausgebildete Mediatorin mit langjähriger Mediationserfahrung als Güterichterin und als Dozentin im Rahmen der Münchener Ausbildung zum Wirtschaftsmediator.

 

  • Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Rüdiger Veil

    Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Forschungsschwerpunkte im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, insbesondere im Aktien-, GmbH- und Wertpapierhandelsrecht. Herausgeber mehrerer führender Kommentare und Handbücher zu diesen Rechtsgebieten sowie Autor von über 150 nationalen und internationalen Publikationen. Umfangreiche praktische Erfahrung in internationalen Schiedsverfahren und als Mitglied des Joint Board of Appeal der Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA).