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Oberlandesgericht Nürnberg

Justiz ist für die Menschen da – Recht Sicherheit Vertrauen

Pressemitteilung vom 5. Dezember 2019 Nr. 38/2019

Amtsgericht Nürnberg: Prozess wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz findet am 13. Dezember 2019 statt


Am 13. Dezember 2019 um 9.00 Uhr findet im Sitzungssaal 126 vor dem Amtsgericht Nürnberg die Hauptverhandlung gegen eine Versammlungsleiterin statt, welcher die Staatsanwaltschaft vorwirft, dass sie bei einer Kundgebung am 27. Juli 2018 vor dem BAMF in Nürnberg trotz einer ausdrücklichen Weisung eines Polizeibeamten das Werfen von Gegenständen über den Zaun des BAMF zugelassen habe. Bei den Gegenständen handelt es sich um insgesamt ca. 50 Papierflieger.


Die Staatsanwaltschaft legt der Angeklagten zur Last, gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben. Während der Demonstration hatte ein Pressevertreter die anwesenden Polizeibeamten darauf hingewiesen, dass eine Aktion geplant sei und Dinge über den Zaun geworfen werden sollen. Ein Polizeibeamter hat laut Anklageschrift daraufhin gegenüber der Versammlungsleiterin, mit der einige Tage zuvor in einem Kooperationsgespräch die Sicherheitslage ausführlich erörtert worden sein soll, angeordnet, dass keine Gegenstände über den Zaun geworfen werden dürfen. Der Angeklagten soll stattdessen angeboten worden sein, alternativ ein Schriftstück an Verantwortliche des BAMF zu übergeben. Entgegen dieser Weisung soll die Angeklagte, nachdem sie sich mit anderen Demonstranten beraten hatte, das Werfen der Flieger zugelassen haben.

Dieses Verhalten gegen die Anordnung des Polizeibeamten stellt nach Auffassung der Staatsanwaltschaft eine Straftat nach dem Bayerischen Versammlungsgesetz dar, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedroht ist.


Die Staatsanwaltschaft ist grundsätzlich von Gesetzes wegen verpflichtet, bei straf-rechtlich relevantem Verhalten Ermittlungen aufzunehmen. Wenn sich die Vorwürfe im unteren Bereich der Schuld bewegen, sieht das Gesetz Möglichkeiten der Einstellung vor. Im vorliegenden Fall hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth der Angeklagten angeboten, das Verfahren gegen die Zahlung eines geringfügigen Geldbetrages an ein Frauenhaus einzustellen. Die Angeklagte hat aber – was ihr gutes Recht ist – dieses Angebot nicht angenommen. Die Staatsanwaltschaft hat daraufhin den Erlass eines Strafbefehls mit einer sehr geringen Geldstrafe als Rechtsfolge beantragt. Gegen diesen Strafbefehl hat die Angeklagte – was wiederum ihr gutes Recht ist – Einspruch eingelegt. Aufgrund dieses Einspruchs muss der Fall zwingend verhandelt werden. 

Im Vorfeld wurde der Vorwurf erhoben, die Justiz beschäftige sich hier mit einer Lappalie in unangemessener Weise. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass vor den Amtsgerichten neben gewichtigen Straftaten auch viele Fälle der Bagatellkriminalität, wie z. B. der Diebstahl eines Kaugummis, verhandelt werden. Das Gesetz sieht zwar verschiedene Möglichkeiten (Einstellung, Strafbefehl) vor, dass solche Fälle nicht vor Gericht landen, sondern ohne Verhandlung erledigt werden. In der Regel setzen diese Möglichkeiten aber auch eine Mitwirkung der jeweiligen betroffenen Person(en) voraus. 

Ob es im vorliegenden Fall zu einer Verurteilung kommen wird, hängt vom Verlauf der Hauptverhandlung ab. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.

Wegen des zu erwartenden Medieninteresses hat die zuständige Amtsrichterin angeordnet, dass in der ersten Reihe 10 Sitzplätze für Medienvertreterinnen und Medienvertreter reserviert werden. Werden diese nicht bis spätestens 15 Minuten vor Beginn der Hauptverhandlung eingenommen, werden sie für die Öffentlichkeit freigegeben. Medienvertreterinnen und Medienvertreter müssen sich ggf. durch einen Presseausweis oder eine Redaktionsbestätigung ausweisen.

Rundfunk- und Fernsehteams werden gebeten, sich bis 17:00 Uhr des 11. Dezember 2019 bei der Justizpressestelle unter akkreditierung@olg-n.bayern.de anzumelden.



Friedrich Weitner
Richter am Oberlandesgericht
Justizpressesprecher