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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 62 vom 08.08.16

Das Darknet

Am 22.6.2016 wurden zwei 20 Jahre alte Münchner verurteilt. Der Haupttäter S. bekam wegen Betrugs und Urkundenfälschung 24 Arbeitsstunden und eine Woche Dauerarrest, sein Freund wegen Beihilfe zum Betrug und zur Urkundenfälschung sowie Waffenbesitzes ebenso 24 Arbeitsstunden, eine erzieherische Maßnahme, 10 Drogenberatungsgespräche und einen Freizeitarrest.

 

Der Haupttäter S. bestellte im Herbst 2014 über einen unbekannten „Besteller“ im Darknet Waren im Gesamtwert von 3572,59 Euro.

Den Ablauf erklärte er vor Gericht: „Ein guter Bekannter zeigte mir ein Forum im Darknet. Er hat mich da im Darknet eingeführt…Im Darknet wurde geworben, man kann alles kaufen, auch Accounts usw. Man konnte auch bei Zalando bestellen. Es war ein Konkurrenzkampf dort im Darknet. Dann habe ich das meinen Freunden gesagt, die meinten, ich soll doch was bestellen. Ich habe dann mal einen angeschrieben, habe billig Waren bestellt. Beim ersten Mal war mein Geld weg, 200 bis 300 Euro. Ich habe es dann noch mal gemacht, bei einem anderen. Ich habe ihm eine Liste von den Waren gegeben. Er hat diese Ware bestellt, ich brauchte eine Packstation. Diese hat er mir im Kaufpreis zur Verfügung gestellt. Er hat die Ware bestellt, in 6 bis 7 Schritten. Er meinte, es geht nicht auf einmal. Er hat es unter verschiedenen Namen gemacht. Er meinte, man braucht verschiedene Packstationen. Ich bekam dann eine PIN und konnte damit die Waren abholen. Ich habe die Liste bei ihm in Auftrag gegeben, ohne groß darüber nachzudenken….Der Besteller meinte, es kann vorkommen, das ein Paket nicht in die Packstation passt sondern in die Filiale kommt. Er hat mir dann ein Muster der Vollmacht geschickt, die habe ich ausgedruckt. Der Kunde der Packstation hat eine Kundennummer. Wenn auf der Vollmacht steht, ich bin von der Kundennummer bevollmächtigt, bekommt man das Paket… Die Kommunikation war immer über das Darknet, komplett anonym. Der hatte einen Pseudonamen, den weiß ich nicht mehr. Er hat da Werbung gemacht, im Darknet. Aufzeichnungen wurden da nicht gemacht, es war ein TOR-Chat. Wenn man es wegklickt, war es auch weg. .. Ich habe 20 Prozent vom Warenwert dafür bezahlt.“

Auf diese Weise bestellte S. für sich und seine Freunde hochwertige Kleidung und Schuhe. Der unbekannte „Besteller“ aus dem Darknet bestellte mit fremden Emailadressen und Daten bei den geschädigten Firmen. Als Rechnungsadresse wurden die gestohlenen Daten von Personen und als Lieferadresse Packstationen mit den Daten der Inhaber der Packstationsaccounts angegeben. Sämtliche Daten waren zuvor auf unbekannte Weise von unbekannten Tätern „gehackt“ worden. Die Waren wurden über verschiedene Packstationsaccounts fremder Personen hinterlegt. Die ausliefernden Firmen stellten die Waren den Personen, die vom Besteller als Rechnungsadressaten benannt worden waren, in Rechnung. Diese weigerten sich zu zahlen, so dass bei den Firmen ein entsprechender Schaden durch die Auslieferung der Waren entstand.

Abholen ließ S. die Pakete von seinem mitverurteilten Helfer, dem er auch die gefälschte Postvollmacht gab. Dieser erhielt für seine Tätigkeit von S. als Entlohnung nur ein Paar Schuhe und zwei T-Shirts, die er sich vor Weiterleitung der Bestellliste an den unbekannten „Besteller“ im Darknet ausgesucht hatte.

Völlig unabhängig davon besaß er auch einen Schlagring.

Die beiden Verurteilten legten ein umfassendes Geständnis ab. „Gegen den Angeklagten (S.) war ein Dauerarrest von 1 Woche zu verhängen, um ihm nochmals deutlichst vor Augen zu führen, dass sein Verhalten nicht nur eine „Dummheit“ darstellt, sondern eine nicht unerhebliche Straftat.
Schädliche Neigungen mit der Konsequenz, dass eine Jugendstrafe zu verhängen gewesen wäre, ließen sich bei beiden Angeklagten wegen des langen Zeitablaufs und des Umstandes dass der Angeklagte S. seine Bestellung bei dem unbekannten „Besteller“ auf einmal abgab und sie unwiderlegbar von diesem nach eigenem Gutdünken gesplittet worden ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.“, so das Urteil.


Urteil des Amtsgerichts München vom 22.06.2016

1013 Ds 455 Js 101747/15 jug

Das Urteil ist rechtskräftig.


Monika Andreß