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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 27 vom 03.04.17

Kuchenbestellung beim Rauschgiftgeschäft

Am 31.1.2017 verurteilte die zuständige Richterin am Amtsgericht München einen 48-jährigen Münchner Betonbauer wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. In diese Strafe wurde ein Urteil des Landgerichts München einbezogen, mit dem der Münchner zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten am 14.4.2016 verurteilt worden war.

 

Der Angeklagte erwarb am 29.5.2015 und am 03.6.2015 jeweils 50 g Heroin zu einem unbekannten Preis von einem Dealer zum Weiterverkauf.

In der Gerichtsverhandlung bestritt er den Erwerb und den Verkauf des Rauschgifts. Der behauptete, dass er seine Wohnung wegen offener Wunden infolge einer Infektionskrankheit zu den Tatzeitpunkten nicht hatte verlassen können und von einem Freund lediglich eine Silberkette für 50 Euro gekauft hat, die vereinbarungsgemäß 50 Gramm wiegen sollte. Der Freund habe beim Bäcker gearbeitet und er habe von ihm öfters Kuchen bekommen.

Das Gericht überführte den Angeklagten mit der Zeugenaussage des ermittelnden Polizeibeamten, der das Handy des Sohnes des Angeklagten, das vom Angeklagten genutzt wurde, ausgelesen hat. Folgende SMS Nachrichten befanden sich unter anderen auf dem Handy des Sohnes:

28.05.2015, 19.11.06 Uhr: „hallo mein freund morgen mittag sind alle kuchen weg denkst du daran das wir uns morgen treffen bitte danke danke“
29.05.2015, 11.11.47 Uhr: „hallo mein freund wann hast du den zeit für alten mann alle kuchen gegessen“
29.05.2015, 11.15.21 Uhr: „Heute bekommen die leute ihr geld mal schauen wie groß der hunger ist“
03.06.2015, 10.09.25 Uhr: „hallo mein freund kannst du nachmittag kuchen wieder bingen opa wird 50 jahre alt wäre super mein freund“

„Es ist nicht nur polizei- sondern auch gerichtsbekannt, dass typischerweise bei Drogengeschäften, sofern sie sich über telefonischen Kontakt anbahnen, Textnachrichten meistens verklausuliert und verkürzt sowie zum Teil sinnentleert geschickt werden“, so das Urteil. „Die Nachrichten lassen sich allesamt nicht in Zusammenhang mit einem behaupteten Verkauf einer Silberkette bringen. Ferner ist für das Gericht auch nicht ersichtlich, warum immer wieder betont wird, dass neuer Kuchen benötigt wird, weil die Leute ihr Geld bekommen. Weiter ist auch nicht erklärlich, was mit der Monierung „... leute schimpfen bei mir rum wegen den weisen punkte ...“ gemeint sein soll, außer dass es sich hierbei um eine Monierung hinsichtlich der Qualität der gelieferten Betäubungsmittel handelt.“

Das Gericht führt weiter aus: „Nimmt der Täter erfolgreich Kontakt zu seinem Lieferanten auf, um dort Rauschgift zu kaufen, ist jedenfalls ein strafbares Verhalten anzunehmen, auch wenn es letztendlich nicht zur Lieferung kommt. So ist ein vollendetes Handeltreiben gegeben, wenn der Täter bei einem beabsichtigten Ankauf von zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmter Betäubungsmitteln in ernsthafte Verhandlungen mit dem potentiellen Lieferanten eintritt; dies ist mit der verbindlichen Bestellung des Angeklagten erfolgt.“


Urteil des Amtsgerichts München vom 31.01.2017, Aktenzeichen 1120 Ls 356 Js 246648/15

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Monika Andreß