Menü

Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 6 vom 24.01.2020

Verbraucherglück

Das nicht für das Unternehmen, sondern für den privaten Gebrauch bei einem Unternehmer erstandene Fahrzeug unterliegt voller gesetzlicher Gewährleistung

Das Amtsgericht München gab am 18.10.2018 einem Leonberger Unternehmer Recht und verurteilte den beklagten Münchner Gebrauchtwagenhändler zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 4.100,29 Euro nebst Zinsen und Kosten.

Am 18.01.2017 kaufte der Kläger vom Beklagten in München unter Inzahlunggabe eines Smart einen rund acht Jahre alten Fiat 500 mit Tachostand 73.000 km für 5.100 Euro. Der vorgedruckte Kaufvertrag wurde vom Beklagten ausgefüllt, wobei dieser den Unterpunkt „Geschäft unter Händlern ohne Gewährleistung“ ankreuzte. Der Vertrag wurde von beiden unterschrieben. Der Kläger fuhr nach Abschluss des Kaufvertrages mit dem Fahrzeug nach Hause. Bereits bei der Rückfahrt bemerkte der Kläger kurz vor Ulm, dass das Fahrzeug nicht mehr „zog“ und rüttelte. Nach einem kurzen Stopp auf dem Seitenstreifen leuchtet die Warnleuchte. Der Kläger verbrachte das Fahrzeug sofort zu einer Fiat-Werkstatt, die wie auch der im selbständigen Beweisverfahren elf Monate später eingeschaltete Sachverständige einen Defekt an der Lamdasonde und einem Heckklappendämpfer feststellte, sowie dass beide Seitenschweller eingedrückt waren und das Fahrzeug einen nicht fachgerecht reparierten Unfallschaden hatte. Der Beklagte kam der Aufforderung des Klägers nicht nach, diese Mängel zu beheben und Ersatz für die Wertminderung durch den verschwiegenen Unfallschaden zu zahlen.

Der Beklagte behauptete, dass der Kläger ein Geschäft mit zehn Filialen und zwölf Firmenwägen führe. Von daher sei der schriftlich unter Unternehmern vereinbarte Gewährleistungsausschluss wirksam. Sowohl der Unfallschaden als auch der defekte Heckklappendämpfer seien dem Kläger bei Übergabe bekannt gewesen. Die für Verbrauchergeschäfte gesetzliche Rückwirkungsfiktion würde nicht greifen, da das Fahrzeug bis Ulm noch gefahren sei.

Der Kläger trug vor, dass er das Fahrzeug nicht für sein Ein-Mann-Elektronikunternehmen, sondern als normaler Verbraucher für seine Frau gekauft habe. Diese gab als Zeugin an, dass der Fiat den von ihr bisher genutzten Smart habe ersetzen sollen. Ihr Mann nutze einen Mercedes als Firmenwagen. Damit läge ein Kauf eines Verbrauchers von einem Unternehmer vor, bei dem der Ausschluss von Gewährleistungsrechten gesetzlich ausgeschlossen ist.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab dem Kläger Recht.

„Die Behauptung, der Kläger sei Inhaber eines Paketdienstes und besitze über zehn Fahrzeuge, erfolgte offensichtlich ins Blaue hinein. Darüber hinaus hat die durchgeführte Beweisaufnahme für das Gericht eindeutig ergeben, dass nach dem vom Kläger objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorlag. (…) Das Gericht hält es daher für nachvollziehbar und glaubwürdig, dass der Kläger, wie von ihm vorgetragen, den Vertragspassusus bei Unterzeichnung schlicht übersehen hat.

Aufgrund des im selbständigen Beweisverfahrens (…) eingeholten Gutachtens des Sachverständigen (…) steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Fahrzeug (…) Mängel aufwies. (…)

Diese Mängel waren bereits bei Gefahrübergang vorhanden. Gem. § 476 BGB wird vermutet, dass ein Mangel, der sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigt, bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. (…) Es ist zwischen den Parteien (…) unstreitig, dass das Fahrzeug bereits auf dem Nachhauseweg nach Kaufvertragsabschluss nicht mehr zog und rüttelte, die Warnleuchte aufleuchtete und noch am Tag des Kaufes, dem 18.01.2017, von dem Fiat-Werkstattmeister (…) untersucht wurde, der eben diese Schäden feststellte. Es wäre daher Sache des Beklagten gewesen, zu beweisen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug die Mängel bei Gefahrübergang noch nicht aufgewiesen hatte. Einen dahingehenden Beweis hat der Beklagte aber nicht angetreten. (…)

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen (…) ist die technische Wertminderung für den Unfallschaden vorne links mit einem Betrag in Höhe von 400,00 Euro anzusetzen. Die Reparaturkosten betragen (…) für die Lamdasonde 129,84 Euro netto, für den Heckklappendämpfer 41,04 Euro netto und für beide Seitenschweller 3.529,41 Euro netto. (…) Insgesamt kann der Kläger vom Beklagten daher im Wege des Schadensersatzes 4.100,29 Euro verlangen.“

Urteil des Amtsgerichts München vom 18.10.2018, Aktenzeichen 174 C 4185/18

Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung vom 06.12.2019 rechtskräftig.

Klaus-Peter Jüngst

Download Pressemitteilung