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Oberlandesgericht München

Oberlandesgericht München

Pressemitteilung 33 vom 10.12.2021

Unterbringsverfahren gegen Carola F. wegen des Verdachts des versuchten Mordes u.a.(„Vergiftete Softgetränke“)

Das Schwurgericht des Landgerichts München I hat in dem oben genannten Verfahren nach 13 Verhandlungstagen die Unterbringung der Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Beschuldigte im Juni 2018 über das Internet einen Liter der Substanz Gamma-Butyrolacton (GBL) bestellte und sich dieses nach München liefern ließ, um damit heimlich Getränke anderer Personen zu versetzen und die ahnungslosen Konsumenten dieser Getränke dadurch zu vergiften.

Zur Überzeugung der Kammer versetzte die Beschuldigte am 17.11.2018 zwischen 16:50 Uhr und 17.30 Uhr im Kulturzentrum Gasteig in München ein Glas Apfelsaftschorle, das für Besucher einer dort veranstalteten Vernissage an einem Getränkeausschank bereitgestellt worden war, mit GBL.

Zwei Kinder im Alter von 7 bzw. 10 Jahren tranken von der mit GBL versetzten Apfelsaftschorle. Beide Kinder verloren zur Überzeugung der Kammer wegen der Aufnahme von GBL kurze Zeit darauf das Bewusstsein. Sie befanden sich deswegen in einem lebensbedrohlichen Zustand, erlangten aber einige Zeit darauf wieder das Bewusstsein.

Zur Überzeugung des Gerichts legte die Beschuldigte ferner am 19.03.2020 drei Flaschen eines Softgetränks, von denen eine mit GBL versetzt war, in das Kühlregal eines EDEKA-Marktes in München.  Nach den Feststellungen erwarb und konsumierte eine Kundin des EDEKA-Marktes das mit GBL versetzte Getränk. Der Geschädigten wurde übel und schwindelig. Die Geschädigte musste sich übergeben und brach schließlich in einem Hauseingang zusammen, überlebte aber die Vergiftung.

Weitere mit GBL versetzte Getränke platzierte die Geschädigte zur Überzeugung der Kammer am 08./09.04.2020 in einem REWE-Markt in München. Die mit GBL versetzten Getränke wurden nach den Feststellungen von zwei Kunden gekauft und anschließend konsumiert. Auch bei diesen Geschädigten kam es nach den Feststellungen zu Vergiftungserscheinungen.

Zur Überzeugung der Kammer beabsichtigte die Beschuldigte in allen Fällen die Vergiftung von Personen. Das Schwurgericht war ferner davon überzeugt, dass die Beschuldigte bei der Platzierung vergifteter Softgetränke in Einkaufsmärkten auch den Tod von Personen, die die Getränke zu sich nehmen, billigend in Kauf nahm. Das Schwurgericht sah deswegen die Straftatbestände des versuchten Heimtückemordes, der gemeingefährlichen Vergiftung und der gefährlichen Körperverletzung durch die Beibringung von Gift, mittels eines hinterlistigen Überfalls und mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung als erfüllt an.

Die Beschuldigte leidet und litt zu den Tatzeitpunkten nach den Feststellungen des sachverständig beratenen Schwurgerichts an einer paranoid halluzinatorischen Schizophrenie. Die Kammer kam aufgrund der Beweisaufnahme zu dem Schluss, dass die Steuerungsfähigkeit der Beschuldigten zu den Tatzeitpunkten aufgehoben war. Eine Verurteilung der Beschuldigten war deswegen aus Rechtsgründen nicht möglich.

Das Schwurgericht hat angesichts der schweren psychischen Erkrankung und wegen der bei der Beschuldigten bestehenden Gefährlichkeit ihre Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.

Die Strafkammer hat die Fortdauer der einstweiligen Unterbringung angeordnet.

Mit freundlichen Grüßen


Florian Gliwitzky
Richter am Oberlandesgericht
Leiter der Justizpressestelle bei dem Oberlandesgericht