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Oberlandesgericht München

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Pressemitteilung 17 vom 29.03.2022

Strafverfahren gegen Nidal A.-D. wegen des Verdachts der Terrorismusfinanzierung u.a.

Die 29. Strafkammer des Landgerichts München I hat heute den Angeklagten Nidal A.-D. (31) wegen Terrorismusfinanzierung in Tateinheit mit Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr 6 Monaten verurteilt. Die verhängte Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Der Angeklagte war in dieser Sache bereits am 12.09.2019 von der 2. Strafkammer des Landgerichts München I wegen Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr zur Bewährung verurteilt worden. Vom Tatvorwurf der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat wurde der Angeklagte von der 2. Strafkammer dagegen freigesprochen. Der Entscheidung der 2. Strafkammer vom 12.09.2019 lagen im Wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen November 2016 und dem 15.09.2017 schaute sich der Angeklagte im Internet ein Video an, das eine Anleitung zum Bombenbau enthielt, und setzte sich vertieft mit dem Video auseinander. Unter Zugrundelegung dieses Videos fertigte er eine detaillierte Skizze zur Herstellung des Sprengstoffs Triacetontriperoxid (TATP) an. Einige der zum Bau der Sprengvorrichtung erforderlichen Teile (Metallschachtel mit 26 Metallkugeln, Streichhölzer sowie Schwefelsäure) verwahrte der Angeklagte zum Zeitpunkt der am 15.09.2017 bei ihm durchgeführten Wohnungsdurchsuchung in seinem Kellerabteil. Zu dem Zeitpunkt, in dem sich der Angeklagte das Video anschaute und vertieft mit ihm auseinandersetzte, handelte er in der Absicht, einen Sprengsatz herzustellen, um damit unter anderem Mitarbeiter des Verfassungsschutzes zu töten.
 
Der Bundesgerichtshof bestätigte mit Urteil vom 12.11.2020 zwar diese Feststellungen, hob aber das Urteil im Übrigen auf. In rechtlicher Hinsicht führte der Bundesgerichtshof aus, dass eine Verurteilung wegen Terrorismusfinanzierung in Form der sogenannten Selbstfinanzierung nahegelegen hätte, da der Angeklagte sich bereits die genannten Gegenstände verschafft hatte, um damit andere Menschen zu töten. 

Die 29. Strafkammer des Landgerichts München I hat an 3 Verhandlungstagen insbesondere zum Wert der für den Bombenbau beschafften Gegenstände ergänzend Beweis erhoben. Zur Überzeugung der Strafkammer hatten diese lediglich einen Wert von 10 – 20 €. 

Angesichts des geringfügigen Wertes der Gegenstände ging die Kammer von einem abgemilderten Strafrahmen aus. Zugunsten würdigte das Gericht insbesondere, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und dass die Tat lange zurückliegt. Strafmildernd wirkte sich zudem aus, dass der Angeklagte während der 7-monatigen Untersuchungshaft außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt war und dass er sich zwischenzeitlich vom salafistischen Gedankengut vollständig distanziert hat.

Die Strafkammer hat die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Die Kammervorsitzende hob hervor, dass der Angeklagte durch das Strafverfahren und die zeitweise vollzogene Untersuchungshaft nachhaltig beeindruckt ist. Die Kammer ging aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass sich der Angeklagte nicht mehr in einem islamistischen Milieu bewegt. 

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Generalstaatsanwaltschaft und Verteidigung steht das Rechtsmittel der Revision zu, das innerhalb von einer Woche ab heute eingelegt werden müsste. 


Mit freundlichen Grüßen

Florian Gliwitzky
Richter am Oberlandesgericht
Leiter der Justizpressestelle bei dem Oberlandesgericht München