Menü

Oberlandesgericht München

Oberlandesgericht München

Pressemitteilung 40 vom 12.08.2022

Verfahren gegen Manfred G. ("Badewanne")


Das Landgericht München I hat mit Beschluss vom 12.08.2022 den Wiederaufnahmeantrag des Angeklagten Manfred G. für begründet erklärt und die Wiederaufnahme des Verfahrens sowie die erneute Durchführung einer Hauptverhandlung angeordnet. Zudem wurde mit sofortiger Wirkung die Entlassung des Angeklagten aus der Strafhaft angeordnet.

Das Landgericht München II hatte den Angeklagten Manfred G. mit  rechtskräftigem Urteil vom 17.01.2012 wegen Mordes und vorsätzlicher Körperverletzung schuldig gesprochen und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
 
Das Landgericht hat die heutige Entscheidung darauf gestützt, dass die in dem durchgeführten Probationsverfahren erhobenen Sachverständigengutachten in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen geeignet sind, zu einer für den Angeklagten günstigeren Entscheidung zu führen.

Bei diesen Sachverständigengutachten handelt es sich zum einen um ein thermodynamisches Gutachten, das einen Todeszeitpunkt nahelegt, der erheblich außerhalb des vom Tatgericht angenommenen Zeitfensters liegt. Dem Sachverständigen gelang dabei erstmals eine Berechnung der ungefähren Wassertemperatur zum Zeitpunkt der Auffindung des Leichnams durch die Mitarbeiterin eines Pflegedienstes. Auf dieser Grundlage konnte sodann eine neue ungefähre Eingrenzung der Leichenliegezeit und damit des Todeszeitpunkts erfolgen. 

Ergänzend beruht die Entscheidung der Kammer auf einer computergestützten biomechanischen Simulation des Tatgeschehens. Danach wäre auch ein Sturzgeschehen aus einer plausiblen Ausgangsposition möglich; dies hatte das sachverständig beratene Tatgericht noch nicht berücksichtigen können. 

Diese Erkenntnisse sind erst aufgrund der technischen Entwicklung der vergangenen Jahre möglich und stellen daher gegenüber der zuletzt im Jahr 2012 durchgeführten Hauptverhandlung vor dem Landgericht München II neue wissenschaftliche Methoden dar, die seinerzeit noch nicht zur Verfügung standen. 

Daher handelte es sich jeweils auch um neue Beweismittel im Sinne des Wiederaufnahmerechts.

Mit der Anordnung der Wiederaufnahme ist die Grundlage für die weitere Vollstreckung der vom Tatgericht verhängten Strafe entfallen. Das Gericht hat daher die Freilassung des Angeklagten angeordnet.

Als Folge des heutigen Beschlusses ist eine erneute Hauptverhandlung durchzuführen. Zuständig ist hierfür die 1. Strafkammer des Landgerichts München I unter dem Vorsitz der Vorsitzenden Richterin Ehrl. 

Ein Zeitpunkt für die erneute Hauptverhandlung wurde noch nicht bestimmt.

Das Gericht hat davon abgesehen, einen neuen Haftbefehl zu erlassen, da es derzeit keinen dringenden Tatverdacht sieht. 

Die prozessualen Voraussetzungen für einen sofortigen Freispruch lagen nach Auffassung der Kammer nicht vor. 

Ein Rechtsmittel gegen den Beschluss ist nicht möglich, die Entscheidung ist rechtskräftig. 



Mit freundlichen Grüßen

Barbara Stockinger
Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht

Dr. Laurent Lafleur
Richter am Oberlandesgericht


Justizpressestelle bei dem Oberlandesgericht München