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Oberlandesgericht München

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Pressemitteilung 74 vom 21. Dezember 2023

Landgericht München I: Strafverfahren gegen Alban H. (41 Jahre) wegen des Verdachts des versuchten Mordes u.a.

Das Schwurgericht des Landgerichts München I hat den Angeklagten Alban H. heute wegen versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Schuldspruch stand bereits aufgrund eines ersten Urteils der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts München I fest (vgl. hierzu Pressemitteilung 11/2022). Zur Überzeugung des damals entscheidenden Gerichts hatte der Angeklagte seine ehemalige Lebensgefährtin vor ihrem Wohnanwesen abgepasst und ihr sodann ohne Vorwarnung in kurzer zeitlicher Abfolge insgesamt mindestens zehn wuchtige Messerstiche in Kopf, Hals, Brust und Bauch versetzt, um sie zu töten. Die Kammer stellte fest, dass der Angeklagte darüber verärgert gewesen sei, dass die Geschädigte die Beziehung zu ihm beendet hatte und zudem in einem kurz vor der Tat durchgeführten Strafverfahren zu seinen Lasten ausgesagt hatte. Das Überleben der Geschädigten hing an einem seidenen Faden und war nur der schnellen Reaktion der Ersthelfer und der anschließenden intensivmedizinischen Behandlung zu verdanken. Der Angeklagte war am 25.02.2022 wegen versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt worden.  

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hin hatte der Bundesgerichtshof das Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. 

Die Strafkammer stellte unter dem Vorsitz von Elisabeth Ehrl ergänzend fest, dass der Angeklagte einen „exklusiven Besitzanspruch“ auf die Geschädigte erhob. Er sei nicht bereit gewesen, die Trennung zu akzeptieren. Die Trennung habe seinem Selbstverständnis widersprochen und sein Ehrgefühl verletzt. Im Ergebnis habe der Angeklagte der Geschädigten das Recht abgesprochen, über die Beendigung der Beziehung frei zu entscheiden.

Die Geschädigte sei bis heute psychisch und physisch schwer belastet. Sie könne keiner Arbeitstätigkeit nachgehen, leide weiterhin an starken Schmerzen, verminderter Konzentrationsfähigkeit, und Einschränkungen bei alltäglichen Verrichtungen. Sie müsse weiterhin starke Schmerzmittel nehmen. Sie sei aufgrund der Tat nachhaltig traumatisiert.

Anders als die 2. Strafkammer im ersten Urteil ging das Gericht nunmehr neben dem Mordmerkmal der Heimtücke auch vom Mordmerkmal der sonstigen niedrigen Beweggründe aus. Der Angeklagte habe das Lebensrecht der Geschädigten seinen (vermeintlichen) Besitzansprüchen untergeordnet. Das prägende Handlungsmotiv sei seine übersteigerte, über das normale Maß hinausgehende Eifersucht gewesen, die Ausdruck seines gegenüber der Geschädigten erhobenen absoluten Besitzanspruches war, verbunden mit der mangelnden Bereitschaft, die von der Geschädigten ausgehende Trennung von ihm hinzunehmen.

Dies sei sittlich besonders verwerflich und gehe deutlich über den Unwert, der einer jeden vorsätzlichen Tötung innewohnt, hinaus.

Der Umstand, dass es glücklicherweise beim Versuch blieb, hat das Gericht nicht zu einer Strafmilderung veranlasst. Sämtliche Umstände des Einzelfalls hätten gegen eine solche Strafmilderung gesprochen. Es habe konkrete Lebensgefahr bestanden. Es sei kaum ein anderer Fall denkbar, bei dem die Vollendung der Tat so nah gewesen sei. Der Angeklagte habe mit erheblicher krimineller Energie gehandelt, seine Tathandlung sei äußerst gefährlich gewesen. Frühere Haftzeiten hätten auf den Angeklagten keinen Eindruck hinterlassen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände verhängte das Schwurgericht gegen den Angeklagten daher eine lebenslange Freiheitsstrafe und damit die schwerste Strafe, die das Strafgesetzbuch vorsieht.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.


Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht