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Oberlandesgericht München

Oberlandesgericht München

Pressemitteilung 11 vom 19.02.2024

Unterbringungsverfahren gegen Fisnik H. wegen des Verdachts des Mordes u.a.

Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts München I hat heute nach siebentägiger Hauptverhandlung die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Nach Überzeugung des Schwurgerichts war der Beschuldigte im Oktober 2022 als Maler tätig. Auf dem Weg zu einer Pause in einer Bäckerei vernahm der Beschuldigte ein Lachen seines Arbeitskollegen, des Geschädigten E., und nahm aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung an, dass es sich hierbei um eine Provokation und Abwertung seiner Person handeln würde. Zudem war er krankheitsbedingt aufgrund einer zuletzt zunehmenden Wahnsymptomatik mit Verfolgungs-, Beeinträchtigungs- und Beziehungserleben sowie mit akustischen Halluzinationen davon überzeugt war, dass sich andere Menschen gegen ihn verschworen hätten und seine Vernichtung unmittelbar bevorstehe. Der Beschuldigte zog ein mitgeführtes Messer hervor und stach dem Geschädigten E. mit jedenfalls bedingtem Tötungsvorsatz in den Oberbauch, in das Schulterblatt und in den Halsbereich. Der Geschädigte hatte überhaupt nicht damit gerechnet, angegriffen zu werden und konnte sich dementsprechend gegen die überraschend und schnell erfolgten Stiche nicht verteidigen. Anschließend beschloss der Beschuldigte, auch den Geschädigten M. – seinen Arbeitgeber – zu töten, da er auch diesen in seine Wahngebilde miteingebaut hatte. Er rannte auf M. zu und stach ihm – erneut mit bedingtem Tötungsvorsatz – mit dem Messer in die Brust, die Schulter und in den Nacken. Auch der Geschädigte M. versah sich keines Angriffs und konnte sich dementsprechend nicht dagegen wehren oder flüchten.

Während der Geschädigte E. trotz einer Notoperation und der Gabe von über 80 Blutpräparaten an den massiv blutenden Verletzungen im Bauchraum verstarb, überlebte der Geschädigte M. dank sofortiger notärztlicher und intensivmedizinischer Behandlung seiner Verletzungen.

Der Beschuldigte leidet an einer paranoiden Schizophrenie. Seine Steuerungsfähigkeit war zum Tatzeitpunkt aufgehoben. Er war daher bei Begehung der Tat schuldunfähig. Es habe vor der Tat keine realen Probleme und Auseinandersetzungen zwischen dem Beschuldigten und den beiden Geschädigten gegeben. Ursächlich für die Tat – so das Gericht – sei allein die psychiatrische Erkrankung des Beschuldigten. Diese habe auch dazu geführt, dass er sein eigenes Krankheitsbild nicht habe realisieren können. Er habe unter einem Verfolgungswahn gelitten, in den er sein gesamtes Umfeld eingebaut habe. Es sei allerdings vermessen, zu behaupten, dass die Tat hätte verhindert werden können. Die Vorsitzende arbeitete heraus, dass der Beschuldigte zuvor strafrechtlich noch nie in Erscheinung getreten sei oder jemanden tätlich angegriffen habe. Niemand habe damit rechnen können oder müssen, dass der Beschuldigte urplötzlich so eine schreckliche Tat begehen würde.

In rechtlicher Hinsicht wertete das Gericht die Taten als Mord und als versuchten Mord sowie gefährliche Körperverletzung, jeweils im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen. Der Beschuldigte habe das Mordmerkmal der Heimtücke bei beiden Geschädigten erfüllt.

Der Beschuldigte sei aufgrund seiner Erkrankung eine Gefahr für die Allgemeinheit. Wegen bestehender Wiederholungsgefahr wurde daher die – zeitlich grundsätzlich unbefristete – Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Diese Unterbringung sei das schärfste Schwert des deutschen Strafrechts, so die Vorsitzende. Die Verhängung einer Strafe kam aufgrund der Schuldunfähigkeit des Beschuldigten nicht in Betracht.

Manchmal sei es schwer – so die Vorsitzende Elisabeth Ehrl –  die richtigen Worte zu finden angesichts des Leids, das die Tat über insgesamt vier Familien gebracht hat. Der Getötete sei ein liebevoller Mensch gewesen, dessen Tod nicht nur die Kernfamilie, sondern die gesamte Verwandtschaft zerstört habe. Auch der Geschädigte, der den Angriff knapp überlebt habe, leide weiter an den Folgen der Tat. Er sei nicht mehr derselbe Mensch. Die Tat habe aber auch die Familie des Beschuldigten schwer beeinträchtigt. Auch der Beschuldigte selbst leide an seiner eigenen Täterschaft und habe Angst, dass deren Symptome nie wieder verschwinden würden.  Er war deswegen bereits nach der Tat sofort bereit sich medikamentös behandeln zu lassen, damit so etwas nie wieder passieren könne. Diese Behandlungsbereitschaft besteht unverändert fort, auch hat er zwischenzeitlich eine Krankheitseinsicht entwickeln können und bereut die Taten aufrichtig.

Die Kammer ordnete die Fortdauer der vorläufigen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.

Der Beschuldigte und die Staatsanwaltschaft verzichteten auf Rechtsmittel. Die Nebenklagevertreter gaben zunächst keine Erklärung ab. Das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.

 

Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht