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Oberlandesgericht München

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Pressemitteilung 13 vom 07.03.2024

Landgericht München I: Strafverfahren gegen Giuseppe T. (47 Jahre) wegen des Verdachts der Vergewaltigung u.a.

Die Jugendschutzkammer des Landgerichts München I hat heute den Angeklagten Giuseppe des T. wegen Vergewaltigung in 153 Fällen sowie wegen sexuellem Übergriff in 488 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren 6 Monaten verurteilt. Im übrigen wurde der Angeklagte freigesprochen.

Der Angeklagte hatte nach den Feststellungen der Kammer als Jugendtrainer bei einem Fußballverein gearbeitet. Aus dieser Funktion heraus habe er den Jugendlichen aus den von ihm trainierten Mannschaften vermeintliche physiotherapeutische „Behandlungen“ angeboten. Tatsächlich ist der Angeklagte gar kein Physiotherapeut. Zu den „Behandlungen“ des Angeklagten gehörte das Einführen eines Fingers in den After der Geschädigten sowie die Manipulation am Penis der Geschädigten. Tatsächlich handelte es sich dabei aber nicht um physiotherapeutische Behandlungen.

Der Angeklagte hatte den Tatvorwurf, so wie er in der Anklage der Staatsanwaltschaft formuliert war, über eine Erklärung seines Verteidigers vollumfänglich eingeräumt. Der Tatnachweis wurde darüber hinaus aufgrund der in der Hauptverhandlung vorgespielten Videoaufzeichnungen der Vernehmungen der Geschädigten sowie auch der Einvernahme einzelner Geschädigter in der Hauptverhandlung selbst geführt.

Anders als die Staatsanwaltschaft wertete die Kammer die Taten nicht als sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen, da es insoweit am Merkmal des Anvertrautseins fehle.

Der Angeklagte habe seine herausgehobene Stellung im Verein – so der Vorsitzende Stephan Kirchinger – ausgenutzt, um seine Straftaten zu begehen. Dies sei besonders verwerflich. Auch die Staatsanwältin Susanne Kempter hatte zuvor herausgearbeitet, dass der Angeklagte hoch manipulativ und empathiearm sei und ein perfides System ausgenutzt habe. Die Anzahl der Fälle sei wahnsinnig hoch. Die Kammer hielt fest, dass der Angeklagte bei den Geschädigten nicht um Entschuldigung gebeten habe; diese Chance habe der Angeklagte verpasst. Auch habe er sich nicht ehrlich zu seiner Tatmotivation eingelassen.

Die Kammer ordnete die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nicht an. Zwar habe der Angeklagte einen Hang, Sexualstraftaten zu begehen, der Angeklagte habe die Taten nicht nur gelegentlich begangen. Der Angeklagte sei auch gefährlich. Allerdings habe der Angeklagte sich therapiebereit gezeigt. Unter weiterer Berücksichtigung der Dauer der verhängten Strafe und des Umstandes, dass der Angeklagte bislang nicht vorbestraft ist, sei die Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht unerlässlich.

Der Haftbefehl gegen den Angeklagten wurde von der Kammer aufrechterhalten. Der Angeklagte verbleibt daher in Untersuchungshaft.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste. Die Revision ist ungeachtet des Umstandes, dass es eine Verständigung gegeben hat, statthaft.

 

Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht