Pressemitteilung 74 vom 27.11.2024
Landgericht München I: Strafverfahren gegen Matin Y. wegen des Verdachts des versuchten Totschlags
Die Große Jugendkammer des Landgerichts München I hat den Angeklagten heute wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 4 Jahren 6 Monate verurteilt.
Die Kammer unter dem Vorsitz von Michael Schönauer sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte mit seinem Bruder, mit dem er gemeinsam bei den Eltern lebte, in Streit wegen der Nutzung des gemeinsamen Zimmers geraten war. Im Rahmen des Streits griff der Angeklagte zu einer Replica eines sog. „Ehrendolchs“ mit einer Klingenlänge von 25 cm und stieß diesen in die Brust seines Bruders. Der Geschädigte erlitt eine 10 cm tiefe Stichwunde, die den Lungenraum eröffnete, konnte aber dennoch fliehen und einen Notruf absetzen. Im weiteren Verlauf wurde der Angeklagte festgenommen. Die Kammer geht davon aus, dass der Angeklagte mit einem tödlichen Ausgang rechnete und den Tod des Geschädigten jedenfalls billigend in Kauf nahm.
Der Angeklagte hatte den Tatvorwurf zuletzt eingeräumt. Dieses Geständnis deckte sich auch mit den Angaben des Geschädigten.
Anders als Staatsanwalt Daniel Meindl bewertet die Kammer die Tat nicht als versuchten Mord. Zwar sei der Geschädigte zum Zeitpunkt des Angriffs arglos gewesen, habe also nicht mit einem Angriff auf sein Leben gerechnet. Auch sei der Geschädigte wehrlos gewesen, weil er sich nicht habe verteidigen können. Allerdings fehle es am erforderlichen Ausnutzungsbewusstsein.
Auf den zum Tatzeitpunkt 20jährigen wendete die sachverständig beratene Kammer Jugendstrafrecht an. Der Angeklagte – so der Vorsitzende Richter – stehe insgesamt noch eher einem Jugendlichen gleich und weise noch erhebliche Reifeverzögerungen auf.
Aufgrund der Schwere der Schuld des Angeklagten verhängte die Kammer eine Jugendstrafe von 4 Jahren 6 Monaten.
Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft auf Rechtsmittel verzichteten.
Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht