Pressemitteilung 79 vom 11.12.2024
Landgericht München II: Strafverfahren gegen Kevin K. (26 Jahre) wegen des Verdachts des versuchten Mordes
Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts München II – Schwurgericht – hat heute den Angeklagten Kevin K. wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
Das Schwurgericht unter dem Vorsitz von Thomas Bott ging dabei von folgendem Sachverhalt aus: Der Angeklagte habe nach entsprechenden vorherigen Gedanken in der Nacht vom 08.11.2023 beschlossen, ein Zufallsopfer auf der Straße niederzustechen, um hierdurch so lange wie möglich inhaftiert zu werden. Hierzu habe er ein feststehendes Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 20 cm mitgenommen. Im Morgengrauen sei er auf den Geschädigten getroffen, der gerade aus seinem Fahrzeug ausstieg, um mit seiner Arbeit zu beginnen. Der Angeklagte habe den Geschädigten zunächst noch nach der Uhrzeit gefragt, habe dann aber ohne Vorwarnung dem Geschädigten von schräg hinten in den Brustkorb gestochen. Der Geschädigte habe seinen PKW noch verlassen können und habe sodann versucht, sich mit bloßen Händen gegen weitere Stiche des Angeklagten zu verteidigen. Zugleich rief der Geschädigte laut um Hilfe. Anwohner hätten daraufhin den Ernst der Lage erkannt und seien dem Geschädigten zur Hilfe geeilt. Unter anderem mit Hilfe einer Astgabel gelang es den Nachbarn den Arm des Angeklagten am Boden zu fixieren, bis die Polizei eintraf. Insgesamt erlitt der Geschädigte 18 einzelne Verletzungen, darunter Treffer, die den Brustkorb und die Mundhöhle eröffneten, zu erheblichen arteriellen Blutungen und teils sogar Knochenabsplitterungen auch an der Schädeldecke führten. Der Geschädigte habe in konkreter Lebensgefahr geschwebt. Der Angeklagte habe mit direktem Tötungsvorsatz gehandelt. Die weitere Tatausführung sei dann an dem mutigen Einschreiten der Anwohner und der Verteidigung des Geschädigten gescheitert. Daher sei auch ein Rücktritt vom Versuch ausgeschlossen.
Das Gericht ging von dem Mordmerkmal der Heimtücke aus. Dagegen konnte sich die Kammer nicht mit der erforderlichen Sicherheit von dem Vorliegen niedriger Beweggründe als Tötungsmotiv überzeugen. Zwar sei die Tatmotivation objektiv offensichtlich besonders verachtenswert, allerdings seien dem Angeklagten aufgrund einer Persönlichkeitsstörung in Kombination mit vorangegangenem Kokainkonsum möglicherweise die Umstände nicht bewusst gewesen, die sein Tatmotiv als besonders verwerflich erscheinen lassen.
Die Persönlichkeitsstörung und auch der Kokainkonsum seien allerdings ohne Einfluss auf die Schuldfähigkeit des Angeklagten geblieben.
Bei einem versuchten Mord kann die Strafe gemildert werden. Eine solche Milderung lehnte das Schwurgericht hier aber ab. Die Vorgehensweise des Angeklagten sei besonders gefährlich gewesen, die Tat habe zudem kurz vor der Vollendung gestanden. Die kriminelle Energie des Angeklagten sei zudem nicht unerheblich. Darüber hinaus wertete das Gericht zahlreiche Vorstrafen, eine hohe Rückfallgeschwindigkeit sowie das dramatische Ausmaß der Verletzungen des Geschädigten zu Lasten des Angeklagten.
Manchmal – so Thomas Bott einleitend – hänge das Leben davon ab, wie couragiert die Nachbarschaft sei, in der man sich gerade aufhalte.
Die Kammer ordnete Haftfortdauer an.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München II steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht