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Oberlandesgericht München

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Pressemitteilung 73 vom 17.10.2025

Landgericht München I: Strafverfahren gegen Hayati Ö. wegen des Verdachts des Mordes („Cold Case“)

Das Landgericht München I – Schwurgericht – hat heute den Angeklagten wegen heimtückischen Mordes aus niedrigen Beweggründen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach den Feststellungen der 2. Großen Strafkammer unter dem Vorsitz von Norbert Riedmann hatte der Angeklagte am 18.02.2000 gegen 19.55 Uhr seine von ihm getrenntlebende Ehefrau gemeinsam mit einem unbekannten Täter in ihrer Wohnung aufgesucht, durch Strangulation getötet und anschließend versucht, einen Selbstmord vorzutäuschen. Die Entdeckung der Leiche durch andere Familienangehörige wurde vom Angeklagten arrangiert, um den Verdacht von sich abzulenken.

Zur Vorgeschichte hat die Kammer festgestellt, dass die Ehe zwischen dem Angeklagten und der Getöteten von den Familien in der Türkei arrangiert worden war. Die Getötete kam zum Angeklagten nach Deutschland und lebte dort mit der Familie des Mannes in einer Wohnung als Haussklavin, dort erlebte sie Unterdrückung und Gewalt. Schließlich flüchtete die Geschädigte in ein Frauenhaus und bekam später mit ihren Kindern eine eigene Wohnung. Der Angeklagte konnte sich nicht mit der Trennung abfinden und sah dies als Angriff auf seine Ehre und die Ehre der Familie. Mehrfach drohte er mit der Tötung der Geschädigten.

Die Kammer hat sich ihre Überzeugung durch die Einvernahme verschiedener Zeugen und anderer Beweismittel gebildet. Eine Selbsttötung konnte durch einen rechtsmedizinischen Sachverständigen ausgeschlossen werden. Neben der Leiche wurden Haare des Angeklagten gefunden; dieser hatte die Wohnung zuvor jedoch nie betreten. Ein früherer Freund des Angeklagten gab als Zeuge an, dass der Angeklagte sich ihm gegenüber offenbart hatte.

Die Kammer nahm die Mordmerkmale der niedrigen Beweggründe und der Heimtücke an. Der Angeklagte handelte bei der Tat aus narzisstisch geprägter Wut und Verärgerung über die Verletzung seiner Ehre durch die von seiner Ehefrau ausgehenden Trennung und das Eingehen einer neuen Beziehung durch die Geschädigten. Er stellte damit seine eigenen Ehrvorstellungen und Befindlichkeiten über das Selbstbestimmungs- und Lebensrecht der Geschädigten, was auf niedrigster Stufe anzusiedeln sei. Daneben geht die Kammer von einem heimtückischen Vorgehen aus, weil sich der Angeklagte den Schlüssel zur Wohnung besorgte hatte und daher die Geschädigte mit dem Betreten der Wohnung überraschte hatte.

Die lebenslange Freiheitsstrafe ist die vom Gesetz vorgesehene Rechtsfolge der Tat.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verteidigung, der Nebenklage und der Staatsanwaltschaft steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.

Die Strafkammer hat die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet.

 

Bettina Kaestner
Richterin am Oberlandesgericht
Justizpressestelle bei dem Oberlandesgericht München