Pressemitteilung 82 vom 31.10.2025
Landgericht München I Sicherungsverfahren gegen Arystarkh B. (28 Jahre) wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung
Die 19. Große Strafkammer des Landgerichts München I (Schwurgericht) hat heute die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Der Beschuldigte leidet schon seit vielen Jahren an einer schweren psychiatrischen Erkrankung und lebte zuletzt mit seiner Mutter in einer Wohnung. Am 13.12.2024 eskalierte die Situation in der Wohnung; der Beschuldigte fühlte sich aufgrund eines nichtigen Anlasses verfolgt und von seiner Mutter angegriffen. Daraufhin gab er mehrere Schüsse mit zwei Luftdruckpistolen auf die Mutter ab. Anschließend griff er zu einem Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 7 cm, und stach insgesamt 40 Mal auf sie ein. Die Geschädigte versuchte vergeblich sich zu schützen, indem sie ihre Hände vor Gesicht und Oberkörper hielt. Einige Stiche eröffneten den Bauchraum der Geschädigten und verletzten ihre Leber, was zu einer starken Blutung führte. Auch die Lunge der Geschädigten wurde erheblich verletzt. Der Beschuldigte ließ dann aber von der Geschädigten ab, verließ die Küche, in der sich das Geschehen abgespielt hatte und verschloss die Tür. Anschließend rief er den Polizeinotruf an schilderte das Tatgeschehen dort präzise und detailreich und unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift. Die Mutter des Beschuldigten konnte aufgrund der sofort herbeigeeilten Polizeikräfte aufgefunden und dann schnell von einem Notarzt behandelt werden.
Der Beschuldigte leidet an einer paranoiden Schizophrenie, der bei ihm zu einem akuten Verfolgungswahn geführt habe. Dem Angeklagten habe infolgedessen schon die Fähigkeit gefehlt, das Unrecht der Tat einzusehen.
Die Kammer bewertete das Geschehen anders als die Staatsanwaltschaft, die von einem versuchten Tötungsdelikt ausgegangen war, als gefährliche Körperverletzung. Der Beschuldigte sei von einem versuchten Tötungsdelikt freiwillig zurückgetreten. Der Vorsitzende Richter Markus Koppenleitner hob hervor, dass der Beschuldigte alles gemacht habe, was man von einem Täter in einer solchen Konstellation verlangen könne, um die Hilfe für das Opfer zu ermöglichen. Der Beschuldigte habe die Polizei gerufen, habe dort alle erforderlichen Angaben gemacht und zudem mitgeteilt, dass seine Mutter dringend Hilfe benötige. Zwar habe der Beschuldigte die Tür zur Küche, in der seine Mutter lag, verschlossen, allerdings habe dies die Rettung nicht erschwert, da die herbeigerufenen Polizeibeamte die Tür mit zwei leichten Tritten aufgebrochen hätten.
Die Kammer ordnete die Unterbringung in der Psychiatrie an. Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, die besonders gravierend in die Rechte des Betroffenen eingreift. Sie darf daher nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Täter bei Begehung der Anlasstat aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung auf diesem Zustand beruht. Weiterhin muss überwiegend wahrscheinlich sein, dass der Betroffene infolge seines fortdauernden Zustands in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Das Schwurgericht, das von einem Sachverständigen beraten wurde, ging im Ergebnis davon aus, dass auch in der Zukunft ohne längere Behandlung erhebliche Straftaten von dem Beschuldigten zu erwarten seien.
Zuletzt ordnete das Gericht die Fortdauer der vorläufigen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht