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Oberlandesgericht München

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Pressemitteilung 64 vom 19.09.2025

Landgericht München I Strafverfahren gegen Shah S. (58 Jahre) wegen des Verdachts des versuchten Mordes

Das Schwurgericht des Landgericht München I (1. Große Strafkammer) hat heute den Angeklagten wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt.

Das Gericht zeigte sich nach einer 9tägigen Hauptverhandlung davon überzeugt, dass der aus Afghanistan stammende Angeklagte im September 2024 seiner Ehefrau mit einem Küchenmesser mit einer Klingenlänge von fast 20 cm durch das Gesicht schnitt, um sie zu töten. Als die Geschädigte, die zuvor nicht mit einem Angriff gerechnet hatte, sich dagegen zur Wehr setzte, schnitt er ihr noch zwei weitere Mal durch das Gesicht, versetzte ihr in einem dynamischen Geschehen vier bis zu 7 cm lange Schnitte am Hals und stach zudem auf ihren Oberkörper ein. Daraufhin wachten die im Nebenzimmer schlafenden Töchter des Angeklagten und der Geschädigten auf und konnten den Angeklagten durch Schläge auf den Kopf letztlich dazu bringen, dass er von der Geschädigten abließ und das Messer fallen ließ, so dass sie stark blutend flüchten konnte.

Der Angeklagte hatte sich erst zum Ende der Hauptverhandlung zum Vorwurf eingelassen; diese Einlassung wies die Vorsitzende Richterin Elisabeth Ehrl allerdings als frei erfunden und weltfremd zurück. Der Angeklagte hatte behauptet, dass er das eigentlich Opfer der Straftat sei und die Geschädigte sich an einem Armreif verletzt habe. Die Feststellungen zum Tatgeschehen stützte das Gericht insbesondere auf die Angaben der Geschädigten und der gemeinsamen Kinder. Dies Tatschilderung durch die Zeugen deckte sich zudem mit einem Blutspurengutachten und den Ausführungen zu den Verletzungen der beiden rechtsmedizinischen Sachverständigen. Den Versuch, sich selbst zum Opfer zu stilisieren, wies die Vorsitzende scharf zurück. Die Ausführungen hätten die Kammer schlicht sprachlos gemacht.

Das Gericht bewertete die Tat als versuchten Mord. Wie die Vorsitzende Richterin Elisabeth Ehrl erläuterte, seien sowohl das Mordmerkmal der Heimtücke als auch das der niedrigen Beweggründe gegeben. Die niedrigen Beweggründe stützte die Kammer auf folgende Erwägungen: Das Motiv der Tat habe darin gelegen, dass die Geschädigte am Tattag keinen Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten gewollt habe und der Angeklagte sie deswegen – zu Unrecht – der Untreue verdächtigt habe. Eine Trennung oder Scheidung habe er nicht akzeptieren wollen. Der Angeklagte verfügte über eine narzisstische Persönlichkeit und sei in patriarchalischen Strukturen seiner Heimat verfangen.

Das Schwurgericht sah davon ab, gegen den Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen, da die Tat im Versuchsstadium blieb und die Verletzungen der Geschädigten glücklicherweise nur abstrakt lebensgefährlich waren.

Zuletzt ordnete das Gericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung, der Nebenklage und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.

 

Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht