Pressemitteilung 74 vom 17.10.2025
Strafverfahren gegen Stefan S. u.a. wegen des Verdachts des versuchten Betrugs u.a. „Sympatex“
Das Landgericht München I – 5. Große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer – hat heute nach einer umfangreichen Hauptverhandlung die drei Angeklagten wegen versuchten Betrugs bzw. Beihilfe dazu in 261 Fällen sowie wegen uneidlicher Falschaussage bzw. Beihilfe dazu verurteilt.
Der Angeklagte S. wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 9 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde und zu zwei Geldstrafen von 270 und 150 Tagessätzen zu je 250 € verurteilt. Der Angeklagte W. wurde zu einer Geldstrafe von 660 Tagessätzen zu je 200 € verurteilt. Der Angeklagte G. wurde zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde und zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 100 € verurteilt.
Nach den Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer unter dem Vorsitz von Stephan Necknig haben die Angeklagten S. und G. aufgrund eines gemeinsamen Tatplans ab Ende Juni 2017 zusammengewirkt, um die Gläubiger einer im Jahr 2013 von einer Gesellschaft, in der der Angeklagte S. Gesellschafter war, herausgegebenen Schuldverschreibung durch Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu zu bewegen, auf 90 % ihrer nominellen Anleiheforderungen zu verzichten. Der Angeklagte W. hat sie dabei zur Überzeugung des Gerichts unterstützt.
Ziel der Angeklagten war es zum einen, die Zahlungsverpflichtungen aus der Schuldverschreibung so weit wie möglich zu reduzieren, um eine Insolvenz zu vermeiden, und andererseits den bisherigen Gesellschaftern – also dem Angeklagten S. und dem anderweitig Verfolgten Dr. G. – zu ermöglichen, auch nach der Restrukturierung der Anleihe an der Gesellschaft beteiligt zu bleiben, um weiterhin von vorhandenen Verlustvorträgen und auch von einem etwaigen späteren Wertzuwachs bei der operativen Tochtergesellschaft zu profitieren.
Dass die Anleihegläubiger durch die vorgesehene Abfindung in Höhe von lediglich 10 % des nominellen Anleihewerts von 13 Mio. EUR einen wirtschaftlichen Schaden erleiden könnten, da der tatsächliche Wert der Anleihe möglicherweise höher war, nahmen die Angeklagten dabei billigend in Kauf.
Die Anleihegläubiger wurden dabei mit einer Legende von einem sog. „Weißen Ritter“ getäuscht, der angeblich bereit sei, die operative Tochtergesellschaft zu erwerben und fortzuführen, wenn die Anleihegläubiger einem Schuldenschnitt von 90 % zustimmen würden. Tatsächlich habe es aber gar keinen ernsthaften Kaufinteressenten gegeben.
Die Angeklagten W. und G. haben nach den Feststellungen der Kammer in zwei Zivilverfahren vor dem Landgericht München I an zwei Terminen im Jahr 2022 und 2023 falsch ausgesagt. Der Angeklagte S. habe den Angeklagten G. in dessen Falschaussage noch bestärkt.
Die Kammer hat das Verhalten der Angeklagten als versuchten Betrug bzw. Beihilfe dazu und als uneidliche Falschaussage bzw. Beihilfe dazu bewertet.
Die Angeklagten haben diesen Sachverhalt eingeräumt.
Zu Gunsten der Angeklagten bewertete das Gericht insbesondere die umfassenden Geständnisse der Angeklagten.
Das Urteil beruht auf einer Verständigung und ist daher nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht