Amtsgericht Neu-Ulm
13.03.2024

Gesetzentwurf für den Einsatz von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern / Bayern lehnt das neue Gesetz ab / Justizminister Eisenreich: "Der Gesetzentwurf ist realitätsfern, legt Strafverfolgern Steine in den Weg und belastet unnötig unsere ohnehin stark geforderten Gerichte."

Das Bundeskabinett hat heute (13. März) einen Gesetzentwurf zur Regelung des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen (V-Personen) beschlossen. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz lehnt diesen Entwurf in großer Übereinstimmung mit dem Innenministerium und den bayerischen Gerichten und Staatsanwaltschaften weiterhin ab. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: "Clan-Kriminelle, Menschenhändler, Rechtsextremisten oder gewaltbereite Islamisten schotten sich zunehmend ab. Der Einsatz von V-Personen hat sich in vielen Fällen als – oftmals einziges – wirksames Mittel im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität und Extremisten erwiesen. V-Leute liefern wichtige Insider-Informationen im Kampf gegen das Verbrechen. Die Neuregelung erschwert den Einsatz von V-Leuten und droht, eine wichtige Ermittlungsmaßnahme zum Enttarnen krimineller Strukturen erheblich zu erschweren."

Die heute vom Bundesjustizminister vorgebrachte Begründung für die Neuregelung trägt nicht. Der Minister: "Der strafprozessuale Einsatz von V-Personen auf Basis des geltenden Rechts ist seit vielen Jahren höchstrichterlich und auch vom Bundesverfassungsgericht anerkannt. Es besteht Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, ein Regelungsbedarf besteht daher entgegen der Auffassung des Bundesjustizministers nicht." Insoweit ist nicht nachvollziehbar, warum zur Begründung eines Regelungsbedarfs auf Erkenntnisse aus den NSU-Untersuchungsausschüssen genommen wird. Dabei ging es schlicht nicht um strafprozessuale Einsätze von V-Leuten.

Bislang sieht die Strafprozessordnung eine ausdrückliche Regelung nur für Verdeckte Ermittler vor, d.h. Polizisten, die über einen längeren Zeitraum unter falscher Identität (sog. Legende) verdeckt ermitteln. Der Einsatz von V-Leuten kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts ohne weiteres auf die Ermittlungsgeneralklausel der Strafprozessordnung gestützt werden. Die Gesetzesreform sieht u. a. folgende strenge Auflagen für einen Einsatz von V-Leuten vor:

  • Richtervorbehalt: Der Einsatz von V-Leuten muss laut Entwurf auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Gericht angeordnet werden. Eisenreich: "Dem Gesetzentwurf liegt ein völlig unbegründetes Misstrauen in die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden und insbesondere in das Ermittlungsinstrument der V-Person zugrunde. Der Richtervorbehalt würde einen unabsehbaren Mehraufwand an erforderlichen Einzelgenehmigungen erfordern und unsere Gerichte weiter unnötig belasten."

  • Informationspflichten: Der Entwurf schreibt Wortlautprotokolle für die Gespräche der V-Personen-Führer mit ihren V-Personen vor. Eisenreich: "Die Wiedergabe des Wortlauts oder schon die Preisgabe des Treffpunkts mit den Ermittlern könnten dazu führen, Informanten zu enttarnen und in Gefahr zu bringen."

  • Höchsteinsatzzeit: Zuverlässige Informanten brauchen oft Jahre, um sich in ermittlungstaktisch interessante Hierarchieebenen einer kriminellen Struktur heraufzuarbeiten. Nun soll eine Einsatzdauer für V-Personen auf zehn Jahre begrenzt werden. Eisenreich: "Die Reform kann dazu führen, dass besonders zuverlässige Informanten mit Zugang in höchste Kriminalitätskreise künftig nicht mehr zur Verfügung stehen."

Bayern hat seine Ablehnung gegenüber diesem Gesetzentwurf erklärt. Minister Eisenreich: "Dieses Gesetzesvorhaben ist realitätsfern, legt den Strafverfolgern Steine in den Weg und belastet unnötig unsere ohnehin stark geforderten Gerichte. Ich empfehle dem Bundesjustizminister dringend einen Besuch vor Ort und einen Blick in die Praxis."

 

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