Amtsgericht Neu-Ulm
23.12.2009

Sicherheit der Bevölkerung wichtiger als Freiheit eines Sexualstraftäters / Merk fordert Sondersitzung der Justizminister

Bayerns Justizministerin Dr. Beate Merk sieht sich durch die gestrige Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherungsverwahrung in ihrer Linie bestätigt: "Ich habe immer gesagt, dass die Sicherheit der Bevölkerung mehr Gewicht hat als die Freiheit eines gefährlichen Sexual- oder Gewaltstraftäters. Das Bundesverfassungsgericht hat auch hier sorgfältig abgewogen zwischen dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit und dem Freiheitsrecht eines einzelnen Straftäters." Das Bundesverfassungsgericht hatte gestern in einer Eilentscheidung die Entlassung eines Sicherungsverwahrten aus Bayern abgelehnt. Der auch wegen Sexualdelikten mehrfach vorbestrafte Sicherungsverwahrte war schon 1995 wegen mehrerer Wohnungseinbrüche zu Freiheitsstrafen von ingesamt 4 Jahren und 4 Monaten verurteilt worden. Daneben hatte das Landgericht Augsburg die Sicherungsverwahrung angeordnet.

1998 hatte der Gesetzgeber beschlossen, die bis dahin geltende Höchstdauer der Sicherungsverwahrung von 10 Jahren zu streichen. Der Antragsteller beim Bundesverfassungsgericht war von dieser Neuregelung ebenfalls betroffen. Ohne die Gesetzesänderung hätte er im Sommer 2009 entlassen werden müssen. Diese Verlängerung der Sicherungsverwahrung über 10 Jahre hinaus hat er nun vor das Bundesverfassungsgericht gebracht. Die beantragte Entlassung in einer Eilentscheidung lehnte das Bundesverfassungsgericht jedoch ab. Besondere Brisanz erfährt diese Entscheidung durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 17. Dezember. Der Gerichtshof hatte es in erster Instanz für unzulässig gehalten, die unbegrenzte Sicherungsverwahrung auch für sogenannte "Altfälle", also vor 1998 Verurteilte, anzuwenden.

Merk kündigte an, sich mit ihren Amtskollegen über die Folgen der Entscheidung des EGMR auszutauschen. "Mit Schreiben von heute habe ich den Vorsitzenden der Justizministerkonferenz gebeten, schnellstmöglich eine Sondersitzung einzuberufen. Wir können nicht einfach abwarten und die Hände in den Schoß legen. Die Menschen erwarten bei einer so brisanten Entscheidung, dass die Politik handelt und für ausreichenden Schutz sorgt. Die Justizminister müssen sich zusammensetzen und die Rechtsfragen analysieren. Es muss versucht werden, vor der Großen Kammer des EGMR eine ähnliche Entscheidung zu erwirken, wie sie das Bundesverfassungsgericht im Jahre 2004 getroffen hatte."

Die Entscheidung der Kleinen Kammer stellt nach Auffassung Merks sehr stark auf formale Gesichtspunkte ab anstatt auf die Probleme der Einzelfälle einzugehen. Die Justizminister seien nun gefordert, diese Schwachstellen der Entscheidung herauszuarbeiten, um in der zweiten Instanz eine Korrektur zu bewirken.

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