Amtsgericht Neu-Ulm
13.01.2010

BGH lässt gefährlichen Sexualtäter auf freien Fuß - Justizministerin Beate Merk: "Die Gesetzeslage ist eine unerträgliche Zumutung für die Bevölkerung!"

Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass der Sexualstraftäter Karl D. auf freiem Fuß bleibt. Karl D. war im Jahr 1995 wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zweier 14- und 15- jähriger Mädchen zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt worden. Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung wurde vom Landgericht München II mit der Begründung zurückgewiesen, dass keine neuen Tatsachen vorlägen, die die Sicherungsverwahrung rechtfertigen würden. Die Gefährlichkeit des Täters war vielmehr von Anfang an bekannt. Die Anordnung einer anfänglichen Sicherungsverwahrung war nicht möglich, da Karl D. rechtlich als "Ersttäter" galt. Zwar wurde er bereits 1985 wegen einer Vergewaltigung verurteilt, diese Tat blieb aber nach dem Gesetz außer Betracht, da sie länger als 5 Jahre zurücklag.

Bayerns Justizministerin Dr. Beate Merk: "Die heutige Entscheidung des Bundesgerichtshofs muss bei der Bundesjustizministerin alle Alarmglocken schrillen lassen. Es darf nicht sein, dass ein nachweislich gefährlicher Täter auf die Bevölkerung losgelassen wird! Das ist eine unerträgliche Zumutung für die Menschen, vor allem für unsere Kinder. Unsere Richter sind angesichts der geltenden Gesetzeslage machtlos. Es wird allerhöchste Zeit, dass die neue Bundesregierung nun endlich das nachholt, was die frühere Bundesjustizministerin verschlafen hat: nämlich die Lücken im Recht der Sicherungsverwahrung zu schließen! So haben wir es auch im Koalitionsvertrag vereinbart."

Merk weiter: "Dass es das Institut der nachträglichen Sicherungsverwahrung überhaupt gibt, dafür hat Bayern jahrelang gekämpft. In der praktischen Anwendung sind aber Schutzlücken aufgetreten. Hierauf habe ich immer wieder hingewiesen und entsprechende Regelungsvorschläge gemacht."

Merk fordert: "Die Möglichkeit, gegen Ersttäter nachträgliche Sicherungsverwahrung zu verhängen, muss erleichtert werden. Bei Ersttätern kann die Sicherungsverwahrung nämlich nur nachträglich und nicht schon zusammen mit der Anlassverurteilung angeordnet werden, auch wenn die Rückfallgefahr bereits bei der Verurteilung evident ist. Hier muss das Gericht nicht nur "neue Tatsachen", die nach der Verurteilung während der Haft aufgetreten sind, berücksichtigen dürfen, sondern alle vorhandenen Tatsachen, die für die Beurteilung der Gefährlichkeit des Täters relevant sind."

"Ein weiterer wunder Punkt der derzeitigen Regelung ist die sogenannte Rückfallverjährung," erklärt Merk. "Der Richter hat bei der Prüfung der Anordnung der Sicherungsverwahrung eine frühere Tat außer Betracht zu lassen, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als 5 Jahre verstrichen sind. Diese Frist ist zu kurz. Der aktuelle Fall des Karl D. ist das beste Beispiel dafür. Denn bei Sexualtätern ist auch nach längerer Zeit noch mit Rückfällen zu rechnen. Ich fordere daher eine Verlängerung der Rückfallverjährung bei Sexualtätern auf 20 Jahre."

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