Amtsgericht Neu-Ulm
29.12.2020

Die schlagkräftigen Strukturen bei der Strafverfolgung wurden weiter optimiert / Die Digitalisierung bei der Justiz wurde weiter vorangetrieben / Bayerische Initiativen waren in Berlin und bei der Justizministerkonferenz erfolgreich / Justizminister Eisenreich: "2020 hat gezeigt: Der Rechtsstaat funktioniert. Auf die bayerische Justiz ist Verlass."

Das Jahr 2020 stand weltweit im Zeichen der Corona-Pandemie. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: "Corona macht keine Ausnahmen und hat unsere Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten vor große Herausforderungen gestellt. Die Justiz kann keine Pause machen. Der Rechtsstaat muss immer funktionieren – und er funktioniert auch. Ich bin von der großen Einsatzbereitschaft der bayerischen Justiz beeindruckt."

Eisenreich weiter: "Das bayerische Justizministerium konnte im Jahr 2020 auf Bundes- und Landesebene maßgebliche Initiativen voranbringen, um wichtige Verbesserungen für Bürgerinnen und Bürger zu erreichen."

Bayern mit Initiativen in Berlin erfolgreich

  • "Keuschheitsproben": Der Begriff steht z.B. für kinderpornografische Bilder, die in einschlägigen Foren als "Eintrittskarte" verlangt werden. Eisenreich: "An diesem Punkt wurden unsere Ermittler regelmäßig in ihrem Kampf gegen Kinderpornografie ausgebremst. Im Januar hat der Bundestag den Einsatz von computergeneriertem Material zugelassen. Bayern hat lange dafür gekämpft."

  • Härtere Strafen bei Kindesmissbrauch. Kindesmissbrauch wird künftig nach dem Gesetz als das bestraft, was es ist: ein Verbrechen und kein Vergehen. Bayern hat sich seit langem für die Hochstufung eingesetzt. Jetzt hat die Bundesjustizministerin die Forderung in den Gesetzesentwurf zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder aufgenommen. Eisenreich: "Ich begrüße diese Verschärfung. Außerdem fordere ich für das Betreiben von Kinderpornografie-Foren einen eigenen Straftatbestand mit einem höheren Strafrahmen. Wer ein solches Forum betreibt, gehört für mindestens drei Jahre hinter Gitter."

  • Straftatbestand für die Betreiber krimineller Handelsplattformen. Die Bundesjustizministerin hat inzwischen einen Referentenentwurf vorgelegt, der die Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen vorsieht. Eisenreich: "Bayern fordert dies schon länger und hatte bereits einen Vorschlag in den Bundesrat eingebracht."

  • Höhere Strafen bei judenfeindlichen Motiven. Antisemitismus soll nach dem Willen Bayerns eine strafverschärfende Wirkung haben. Dieser Vorschlag wurde eins zu eins in das im Juni vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität übernommen.

  • Upskirting. Das unbefugte Fotografieren unter Röcke und Kleider von Frauen und Mädchen wird ab dem 1. Januar 2021 unter Strafe gestellt. Den Anstoß gab eine gemeinsame Länderinitiative von Baden-Württemberg, Bayern und NRW.

  • Auskunftspflicht für Postdienstleister. Eisenreich: "Ein schöner Erfolg bayerischer Rechtspolitik im Kampf gegen Drogenhandel. Bislang gab es keine Auskunftspflicht für verdächtige Pakete, die bereits ausgeliefert wurden oder die noch erwartet werden. Der Bundesrat hat Ende November für eine Ausweitung der Auskunftspflicht gestimmt."

  • Kronzeugen-Regelung im Anti-Doping-Gesetz kommt. Eisenreich: "Im Bund wurde kürzlich unsere langjährige bayerische Forderung dazu aufgegriffen. Wer dopt, betrügt. Jetzt soll den Sportlern ein Anreiz gegeben werden, ihr Wissen mit den Strafverfolgern zu teilen. So können wir an die Hintermänner herankommen, den Sport sauber halten und die Gesundheit der Sportler schützen."

  • Wohnungseigentumsrecht modernisiert. Eisenreich: "Zusammen mit dem Bundesjustizministerium hat Bayern die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes geleitet. Bundestag und Bundesrat haben die Reform beschlossen. Ob bauen, beschließen oder verwalten – vieles wird ab jetzt leichter, vor allem für die Wohnungseigentümer."

  • Verbesserung beim zivilrechtlichen Gewaltschutz: Bayern hat sich lange dafür eingesetzt, dass der zivilrechtliche Schutz von Opfern vor Gewalt weiter ausgedehnt wird. Das Bundesjustizministerium hat diese Forderung nun aufgegriffen. Künftig sollen Kontaktverbote oder Wohnungszuweisungen auch bei Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ergehen.

Bayern erfolgreich bei der Herbstkonferenz der Justizminister

Bei der virtuellen Herbstkonferenz der Justizminister haben Ende November alle bayerischen Vorschläge eine Mehrheit gefunden, u.a. Strafrechts-Initiativen für besseren Schutz von Stalking-Opfern, höhere Strafen bei Trunkenheitsfahrten und die Zulassung neuer DNA-Beweise in Cold-Cases-Verfahren. Außerdem konnte sich Bayern mit einem Antrag zu Qualitätsverbesserungen bei Patientenverfügungen und zur Regelung von Online-Inkassodienstleistern durchsetzen. Eisenreich: "Ich freue mich, dass unsere Vorschläge überzeugen konnten. Jetzt ist der Bund gefordert."

Schlagkräftige Ermittlungsstrukturen weiter verbessert

Bayerns Ermittlungsstrukturen sind schlagkräftig. Durch weitere Schwerpunktsetzungen konnten sie im Jahr 2020 noch weiter optimiert werden.

  • Kampf gegen Hass und Hetze im Netz. Eisenreich: "Zu Jahresbeginn habe ich Deutschlands ersten Hate-Speech-Beauftragten ernannt. Er ist bei der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft in München angesiedelt. Zusätzlich wurden Sonderdezernate für Hate Speech bei allen 22 Staatsanwaltschaften eingerichtet." Im Oktober wurde die Kooperation "Justiz und Medien – konsequent gegen Hass" verlängert, die inzwischen von mehr als 110 Medienhäusern unterstützt wird. Darüber hinaus können kommunale Mandatsträger und Landtagsabgeordnete seit diesem Jahr in einem Online-Meldeverfahren schnell und einfach Anzeigen und Prüfbitten an die Generalstaatsanwaltschaft München übermitteln.
  • Kampf gegen Kinderpornografie. Im September hat Justizminister Eisenreich das "Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern im Internet" (ZKI) bei der Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg vorgestellt. Eisenreich: "Mit dem ZKI erhöhen wir den Verfolgungsdruck auf die Täter noch weiter. Dazu haben wir die personellen Ressourcen von vier auf acht Staatsanwälte verdoppelt. Das Team wird sich im Netz insbesondere auf Betreiber und Nutzer von Darknet-Foren konzentrieren, die kinderpornografisches Material herstellen, posten oder damit handeln." Daneben setzt die bayerische Justiz auf Prävention. In diesem Jahr wurde neben Bamberg eine zweite Beratungsstelle des bundesweiten Projekts "Kein Täter werden" an der LMU in München eingerichtet.

  • Leitfaden für Staatsanwälte. Die drei Antisemitismus-Beauftragten bei den Generalstaatsanwaltschaften im Freistaat haben einen Leitfaden für Staatsanwälte entwickelt, mit dem antisemitische Motive bei Straftaten leichter entschlüsselt werden können, z.B. Jahrestage oder Nazi-Codes.

  • Schutzprogramm für Einsatzkräfte. Justizminister Eisenreich will die schützen, die uns schützen. Deshalb hat er im März zusammen mit Innenminister Joachim Herrmann den bayernweiten "Aktionsplan Gewalt gegen Einsatzkräfte – Täter verfolgen, Helfer schützen" in Nürnberg gestartet.

  • Auch der Korruption hat die bayerische Justiz den Kampf angesagt: Im September wurde die Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen" (ZKG) vorgestellt. Eisenreich: "Betrug im Gesundheitswesen kann viel Schaden anrichten, bei Krankenkassen und Versicherungen bis hin zu Gesundheitsschäden bei Patienten. Mit der ZKG gehen wir gezielt gegen die schwarzen Schafe im Gesundheits- und Pflegebereich vor."

  • Spezialeinheiten gegen Organisierte Kriminalität: Eng vernetzt mit Kollegen der Nachbarländer fahnden inzwischen 44 spezialisierte Staatsanwälte an inzwischen sieben Standorten in bayerischen Grenzregionen nach Menschenschmugglern, Drogen-Händlern und Waffenschiebern. Im Jahr 2020 wurden Spezialabteilungen nach dem sogenannten "Traunsteiner Modell" bei vier grenznahen Staatsanwaltschaften (Regensburg, Hof, Memmingen und Amberg) eingerichtet. Eisenreich: "Kriminalität macht vor Ländergrenzen nicht Halt. Daher arbeiten auch die Strafverfolgungsbehörden grenzüberschreitend zusammen."

Die bayerische Justiz setzt sich für Mieter sowie kleine und mittelständische Unternehmen ein

  • Im Juni dieses Jahres hat der Ministerrat die Verlängerung der Mieterschutzverordnung beschlossen, um einen lückenlosen Mieterschutz in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt sicherzustellen. Bayern hat sich darüber hinaus für höhere Bußgelder bei Mietwucher eingesetzt, der Bundesrat stimmte dieser Initiative bereits Ende 2019 zu. Jetzt ist der Bund gefordert.

  • Bayern hat sich dafür eingesetzt, dass durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen besser vor überzogenen Abmahnungen geschützt werden.

Die bayerische Justiz geht neue Wege

Die bayerische Justiz will die Chancen der Digitalisierung nutzen, ohne dabei die Risiken aus dem Blick zu verlieren. Deshalb hat sie in diesem Jahr neue Projekte vorangebracht.

  • Der Dark Web Monitor. Zusammen mit niederländischen Spitzenforschern von TNO entwickelt die bayerische Justiz eine Art Suchmaschine für das Darknet. Eisenreich: "Mit der innovativen Technologie Dark Web Monitor gehen wir technisch neue Wege, um mehr Licht ins Darknet zu bringen und Täter aufzuspüren."

  • Blockchain. Das bayerische Justizministerium ist mit der Bundesnotarkammer die erste Blockchain-Kooperation in der Justiz eingegangen. Erprobt wird eine digitale Version von notariellen Vollmachten und Erbscheinen auf Blockchain-Basis. Das Projekt wurde in diesem Jahr mit zwei Preisen ausgezeichnet (Innovationspreis Reallabore und Bronze für das "Beste Kooperationsprojekt 2020" beim 19. eGovernment-Wettbewerb).

  • Digitalisierung – E-Justice und Videokonferenzanlagen. Bislang stehen an 75 von 99 bayerischen Zivil- und Strafgerichten Videokonferenz-Anlagen zur Verfügung. Eisenreich: "Die Technik wird derzeit vor allem im Zivilrecht genutzt. Aber wenn Zeugen z.B. wegen Quarantänemaßnahmen im Gericht erscheinen können, sollten auch sie in Strafprozessen per Video vernommen werden können." Der elektronische Rechtsverkehr bei den Gerichten hat sich im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Wöchentlich gehen aktuell über 55.000 Nachrichten elektronisch ein – nur wenige mehr, als die Gerichte schon ihrerseits elektronisch an die Prozessbeteiligten versenden. Daneben wird auch die E-Akte mit Hochdruck vorangetrieben. Bereits 31.000 Verfahren wurden an fünf Pilotgerichten rein elektronisch geführt.

Justizminister Eisenreich: "Das Jahr 2020 hat uns alle vor große Herausforderungen gestellt. Es hat aber auch gezeigt: Auf die bayerische Justiz ist Verlass. Ich möchte mich von Herzen bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren großen Einsatz bedanken."

Dauerausstellung Weiße Rose Saal

Ihren Mut zur Freiheit haben die Geschwister Scholl und vier ihrer Freunde mit dem Leben bezahlt. Wohin es führen kann, wenn die Dritte Gewalt im Staate ihre Unabhängigkeit verliert, zeigt die Dauerausstellung Willkür "Im Namen des Deutschen Volkes".


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Wussten Sie eigentlich …?

… dass die Fachgerichtsbarkeiten, d.h. die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bayern nicht zum Justizressort, sondern zum Geschäftsbereich der jeweiligen Fachministerien gehören?