Amtsgericht Neu-Ulm
29.06.2020

Bayerns Justizminister fordert eigenständigen Straftatbestand für das Betreiben von Kinderpornografie-Foren im Internet / Eisenreich: "Wer solche Foren im Netz betreibt, bereitet den Nährboden für weitere Missbrauchstaten." / Betreibern sollen künftig mindestens zwei Jahre Freiheitsstrafe drohen

Die schrecklichen Missbrauchsfälle von Lügde und Münster haben eine breite rechtspolitische Diskussion über härtere Strafen bei Kindesmissbrauch und Kinderpornografie ausgelöst. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich begrüßt ausdrücklich die Ankündigung von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem u.a. der sexuelle Missbrauch von Kindern grundsätzlich zum Verbrechen hochgestuft werden soll. Eisenreich: "Bayern setzt sich bereits seit vielen Jahren dafür ein. Sexueller Kindesmissbrauch ist ein abscheuliches Verbrechen und darf im Gesetz nicht länger lediglich als Vergehen durchgehen."

Der bayerische Justizminister fordert darüber hinaus, beim Kampf gegen Kindesmissbrauch auch die Betreiber von Kinderpornografie-Foren im Internet noch stärker in den Blick zu nehmen. "Man muss sich klar machen: Hinter einem kinderpornografischen Bild oder Video steht oft ein Fall schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes. Wer im Internet einen Marktplatz für Kinderpornografie betreibt, bereitet damit den Nährboden für weitere Missbrauchstaten", so Eisenreich. "Dieses Unrecht muss sich auch im Gesetz widerspiegeln." Justizminister Eisenreich fordert deshalb, einen eigenen Straftatbestand für das Betreiben von Kinderpornografie-Foren im Internet zu schaffen. Betreibern soll künftig eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren drohen.

Härter bestraft werden sollen nach dem Vorschlag des bayerischen Justizministers auch die Nutzer von Kinderpornografie-Foren. "Durch ihre Nachfrage schaffen sie nicht nur einen Bedarf nach mehr Angebot. Indem sie selbst kinderpornografisches Material in solchen Foren hochladen, sorgen sie auch dafür, dass derartige Marktplätze weiter existieren", so Eisenreich. "Hier sollten deshalb dieselben verschärften Strafen drohen, die auch für gewerbs- oder bandenmäßig handelnde Täter gelten – nämlich Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 10 Jahren."

Damit die Vorschläge Eingang in den angekündigten Gesetzentwurf finden können, hat der bayerische Justizminister einen konkreten Regelungsvorschlag an die Bundesjustizministerin übermittelt. "Der Staat muss alles dafür tun, um die Schwächsten zu schützen", so Eisenreich abschließend.

Hintergrund:

Derzeit wird durch § 184b StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) nur das Herstellen, Verbreiten, Besitzverschaffen und Besitzen von Kinderpornografie unter Strafe gestellt, nicht aber das Betreiben einer auf die Verbreitung und Austausch gerichteten Infrastruktur. Zwar kann das Verhalten des Betreibers - je nach Fallgestaltung - auch ein Verbreiten oder Zugänglichmachen von Kinderpornografie und damit eine Tat nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB darstellen. Derartige Handlungen können sich aber immer nur auf konkretisierbare Einzelfälle beziehen und erfassen das Gesamtunrecht, das mit dem Betrieb eines solchen Forums verbunden ist, nicht.

Der bayerische Vorschlag sieht vor, in § 184b StGB einen eigenen Straftatbestand für das Betreiben von Kinderpornografie-Foren im Internet einzufügen. Zudem soll eine Qualifikationsvorschrift für das Nutzen solcher Foren geschaffen werden. Nutzern sollen so die gleichen verschärften Strafen drohen wie denjenigen, die die Taten gewerbs- oder bandenmäßig begehen, nämlich Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 10 Jahren. Konkret soll § 184b StGB wie folgt geändert werden (sachliche Änderungen hervorgehoben):

§ 184b StGB - Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften

  1. Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

    1. eine kinderpornographische Schrift verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; (…)

    2. es unternimmt, einer anderen Person den Besitz an einer kinderpornographischen Schrift, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zu verschaffen,

    3. (…)

    4. (…)

Der Versuch ist strafbar; dies gilt nicht für Taten nach Nummer 2 und 4.

  1. Wer es unternimmt, sich den Besitz an einer kinderpornographischen Schrift, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zu verschaffen, oder wer eine solche Schrift besitzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

  2. Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt die Schrift in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr [statt bisher: sechs Monaten] bis zu zehn Jahren zu erkennen. Ebenso wird bestraft, wenn der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 und des Absatzes 2 Alternative 1 zur Begehung der Tat ein Forum nutzt, das einer größeren Zahl von Personen zum Austausch oder zur Verbreitung kinderpornografischer Schriften dient.

  3. Wer ein in Absatz 3 Satz 2 bezeichnetes Forum betreibt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

  4.  (mit redaktioneller Anpassung wie bisheriger Absatz 5)

  5. (mit redaktioneller Anpassung wie bisheriger Absatz 6)

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