Amtsgericht Neu-Ulm
24.11.2021

Strafverfolgungsstatistik 2020 / Bayerns Gerichte haben vergangenes Jahr fast 117.000 Personen rechtskräftig verurteilt / Eisenreich: "In Bayern lebt es sich sicher. Die Justiz im Freistaat verfolgt Straftäter entschlossen und konsequent"

Bayerns Justizminister Georg Eisenreich hat heute (24. November) im Münchner Justizpalast die Strafverfolgungsstatistik für das Jahr 2020 vorgestellt. Diese wird jährlich vom Landesamt für Statistik erstellt und bildet die rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vor bayerischen Strafgerichten ab. Eisenreich: "In Bayern lebt es sich sicher. Bayerns Strafgerichte haben im vergangenen Jahr fast 117.000 Personen verurteilt –etwas weniger als im Vorjahr und in etwa so viel wie 2018. Die bayerische Justiz verfolgt Straftäter auch unter schwierigen Bedingungen entschlossen und konsequent. Die Bereitschaft der Justiz, die vielen neuen Herausforderungen anzunehmen, ist groß. Der Rechtsstaat hat auch in Pandemiezeiten funktioniert. Ich danke allen Justizangehörigen herzlich für ihren täglichen Einsatz bei der Bekämpfung von Kriminalität."

Die Verurteilten 2020 in Zahlen:

  • Insgesamt 116.980 Personen sind im vergangenen Jahr im Freistaat rechtskräftig verurteilt worden. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 sind 121.250 und 2018 116.365 Personen rechtskräftig verurteilt worden.

  • Die Mehrzahl der Verurteilten war männlich, Frauen hatten einen Anteil von 17,3 %.

  • 51.030 nicht-deutsche Täter wurden im Jahr 2020 in Bayern verurteilt (52.154 in 2019). Der prozentuale Anteil an allen Verurteilten liegt bei 43,6 % (43 % in 2019). Ohne Berücksichtigung der Straftaten nach dem Asyl-, Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsgesetz, die täterschaftlich überwiegend nur von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit begangen werden können, liegt ihr prozentualer Anteil an den insgesamt Verurteilten bei 41,7 % (41,2 % in 2019).

  • 8.694 Verurteilte waren Heranwachsende (im Alter zwischen 18 und 21 Jahren). Davon wurden 33,9 % (2.945 Personen) nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt – ein Plus von 6,5 % gegenüber dem Vorjahr.

Zu den Delikten im Einzelnen:

  • Straftaten mit Corona-Bezug:

    • Mehr Subventionsbetrug: 70 Personen wurden verurteilt, ein Plus von 400 % gegenüber dem Vorjahr (14 Verurteilte in 2019).

    • Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz: Es wurden 40 Personen verurteilt (gegenüber zwei Personen in 2019).

  • Wegen vollendeten Mordes wurden 16 Täter verurteilt, 20 % weniger als im Vorjahr. Beim versuchten Mord dagegen ist die Zahl von 16 auf 20 Verurteilte gestiegen. Die Zahl der Verurteilten wegen gefährlicher Körperverletzung durch Gift oder andere gefährliche Stoffe ist von 63 auf 8 gesunken – ein Minus von 87,3 %.

  • Bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist erneut eine Zunahme zu verzeichnen – um 12,8 % auf 1.756 Verurteilte. Auch bei den Vergewaltigungen gab es einen Anstieg von 15,5 % (134 Verurteilte) gegenüber dem Vorjahr. Die Zahlen in diesem Bereich steigen seit vier Jahren. Eisenreich: "Dazu dürften nach wie vor die Ende 2016 in Kraft getretenen und von Bayern geforderten Gesetzesverschärfungen im Sexualstrafrecht beitragen. Hinzu kommt auch eine geänderte Bereitschaft von Betroffenen, diese Straftaten anzuzeigen. Mir ist wichtig: Zeigen Sie sexuelle Gewalt bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft an. Die Ermittlungserfolge zeigen, bayerische Staatsanwaltschaften ermitteln konsequent."

  • Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern wurden 322 Täter verurteilt – ein Plus von 4,5 %. Ferner wurden 26,8 % mehr Täter (473 Personen) wegen Verbreitung, Erwerbs und Besitzes kinderpornografischer Inhalte verurteilt. Minister Eisenreich: "Das sind furchtbare Zahlen, hinter denen das unfassbare Leid eines Kindes steht. Es war überfällig, dass Kindesmissbrauch – wie seit langem von Bayern gefordert – vom Vergehen zum Verbrechen hochgestuft wird. Aber das reicht aus meiner Sicht nicht aus. Ich möchte auch die Betreiber von Kinderpornografie-Foren noch stärker ins Visier nehmen. Meine Forderung: Wer einen Marktplatz für Pädokriminelle betreibt, gehört für mindestens drei Jahre hinter Gitter."

  • Mehr Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz: Gegenüber dem Vorjahr gab es mit 108 Personen 11,3 % mehr Verurteilte. Dabei gab es weniger Verurteilungen wegen Stalkings: Für schuldig befunden wurden 82 Männer und neun Frauen. Ein Jahr zuvor waren es 103 Verurteilte. Bayern hat sich mit Erfolg für härtere Strafen und schnellere Sicherungshaft eingesetzt. Eisenreich: "Wir müssen Stalkern frühzeitig Grenzen setzen, um die Opfer besser zu schützen."

  • Straftaten im Straßenverkehr haben 2020 mit knapp einem Viertel (24,9 %) den größten Anteil an der Kriminalität insgesamt. Wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen wurden im Jahr 2020 in Bayern 129 Personen verurteilt, ein Anstieg um 134,5 % gegenüber dem Vorjahr. Eisenreich: "Das zeigt, wie wichtig es war, dass der Bundesgesetzgeber 2017 auch auf Bestreben Bayerns hin die bloße Beteiligung an illegalen Autorennen unter Strafe gestellt hat."

  • Weniger (Privat-)Wohnungseinbrüche: Die Zahl der gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 StGB Verurteilten sank um 9,9 %.

  • Wegen Cyberstraftaten gemäß §§ 202a-d, 303a, b StGB (u. a. Computersabotage, Ausspähen von Daten) wurden insgesamt 22 Täter verurteilt – ein Plus von 46,7 % gegenüber dem Vorjahr. Minister Eisenreich warnt: "Cyberangriffe sorgen für enorme finanzielle Schäden – allein 220 Milliarden Euro im Jahr für die deutsche Wirtschaft. Im Extremfall – etwa beim Ausfall von Beatmungsgeräten in Kliniken – können sie sogar Menschenleben fordern. Deshalb müssen zum einen die Strafrahmen der Grundtatbestände angehoben und an die Strafen der analogen Welt angepasst werden. Beim Ausspähen von Daten oder Datenhehlerei soll auch der Versuch unter Strafe gestellt werden. Zum anderen muss das besondere Unrecht bei Angriffen auf kritische Infrastrukturen besonders geahndet werden."

  • Tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte haben zugenommen. Die Zahl der Verurteilten ist von 1.275 auf 1.341 gestiegen – eine Zunahme um 5,2 %. Minister Eisenreich: "Wir müssen die schützen, die uns schützen. Deshalb hat die Justiz im März 2020 gemeinsam mit dem Innenministerium den bayernweiten 'Aktionsplan Gewalt gegen Einsatzkräfte – Täter verfolgen, Helfer schützen' gestartet. Mit unserem Aktionsplan zeigen wir: Wir greifen durch und stehen hinter unseren Einsatzkräften. Die Strafe folgt der Tat auf dem Fuß."

  • Es wurden um 2,5 % mehr Personen wegen Beleidigungsdelikten verurteilt (4.123). Während die Zahl der Verurteilten wegen Volksverhetzung abgenommen hat (168 Verurteilte, -35,1 %), gibt es einen deutlichen Zuwachs beim Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (221 Verurteilte, +40,8 %). Der Minister: "Diese Ermittlungserfolge zeigen: Es lohnt sich, Straftaten anzuzeigen bzw. online zu melden. Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Sie endet aber dort, wo das Strafrecht beginnt. Die bayerische Justiz geht konsequent gegen strafbare Hate Speech vor."

Eisenreich abschließend: "Das Risiko, in Bayern Opfer einer schweren Straftat zu werden, ist nur sehr gering. Polizei und Justiz setzen sich mit aller Kraft dafür ein, dass dies so bleibt."

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