Amtsgericht Neu-Ulm
09.11.2022

Immer mehr Fälle von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern / Bayern fordert verbesserte Rahmenbedingungen für länderübergreifende Zusammenarbeit / Bund soll neue Technik zur Verfügung stellen / Justizminister Eisenreich: "Jede Tat ist eine zu viel."

Darknet-Plattformen wie "TweenFanIsland" oder "Elysium", Tatorte wie Lügde oder Münster: Fälle von Kinderpornografie und sexuellem Kindesmissbrauch nehmen in Deutschland und Europa in erschütterndem Maße zu. Bayern setzt sich deshalb rechtspolitisch und strukturell dafür ein, die Schwächsten der Gesellschaft bestmöglich zu schützen. Der Vorsitzende der 93. Justizministerkonferenz und bayerische Justizminister Georg Eisenreich: "Die Polizei hat im Jahr 2021 bundesweit fast 40.000 Fälle für den Bereich Verbreitung, Besitz, Erwerb und Herstellung kinderpornografischer Schriften erfasst – über 500 Prozent mehr als noch im Jahr 2017. Die Zahl der Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern ist auf mehr als 15.500 gestiegen, etwa ein Drittel mehr als vor vier Jahren. Diese Zahlen machen deutlich: Der Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch muss in einer zunehmend digitalen Welt Tag für Tag entschlossen geführt werden. Hinter jeder Tat, hinter jedem Bild steht das unfassbare Leid eines Kindes. Jede Tat ist eine zu viel."

Bayern bringt dazu einen Antrag bei der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und -minister am 10. November in Berlin ein.

Ziel des Antrags ist es, die Rahmenbedingungen für eine länderübergreifende Zusammenarbeit von Justiz und Polizei in diesem Bereich zu verbessern. Eisenreich: "Sexueller Kindesmissbrauch ist seit Mitte letzten Jahres kein Vergehen mehr, sondern das, was es ist: ein Verbrechen. Diese seit langem von Bayern geforderte Hochstufung war dringend notwendig. Der Kampf gegen Kinderpornografie und sexuellen Kindesmissbrauch erfordert umfangreiche Ermittlungen, um den teils technisch sehr versierten Tätern das Handwerk zu legen. Durchsuchungen mit Vollauswertung aller Speichermedien sind der Regelfall. Die Ermittler-Teams haben daher riesige Datenmengen aufzubereiten und auszuwerten. Um die Verfahren zu beschleunigen, wollen wir länderübergreifend Standards und einheitliche Vorgehensweisen bei technischen und rechtlichen Fragen gemeinsam definieren. Deshalb begrüßen wir die Bund-Länderarbeitsgruppe 'Digitale Daten' und werden sie weiterhin konstruktiv unterstützen. Auch müssen wir uns über die Ländergrenzen hinweg über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz austauschen", so der bayerische Justizminister weiter.

Die Bundesinnenministerin hat im Sommer ihre Cybersicherheitsagenda vorgestellt. Darin wird u. a. der Ausbau technischer Ermittlungs- und Analysefähigkeiten und -instrumente angekündigt. Auch das Bundeskriminalamt soll in diesem Bereich personell und technisch gestärkt werden. Eisenreich: "Die Verfolgung von Kinderpornografie und sexuellem Kindesmissbrauch ist in erster Linie Ländersache. Trotzdem: Auch der Bund muss seinen Beitrag zur effektiven Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern leisten. Deshalb fordern wir den Bund auf, seine geplanten ausgeweiteten Ermittlungs- und Analyseinstrumente den Strafverfolgungsbehörden der Länder unmittelbar zur Verfügung zu stellen."

Hintergrund:

Bayern setzt sich seit vielen Jahren für Verbesserungen bei der Bekämpfung von Kindesmissbrauch ein.

  • Rechtspolitisch. Die gesetzliche Zulassung von sogenannten "Keuschheitsproben", die Strafbarkeit des Versuchs von "Cybergrooming" und die Verlängerung der Verjährungsfristen bei Missbrauchstaten gehen auf bayerische Initiativen zurück. Mit dem Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16. Juni 2021 wurde sexueller Missbrauch von Kindern vom Vergehen zum Verbrechen hochgestuft. Zudem wurde das Betreiben krimineller Handelsplattformen und mit Wirkung vom 22. September 2021 auch die Verbreitung und der Besitz sogenannter "Missbrauchsanleitungen" unter Strafe gestellt – weitere bayerische Forderungen.

  • Strukturell. Im September 2020 wurde unter dem Dach der "Zentralstelle Cybercrime Bayern" (ZCB) das "Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern im Internet" (ZKI) bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg gegründet. Daneben gibt es bei jeder der 22 Staatsanwaltschaften im Freistaat spezialisierte Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zur Verfolgung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern. Diese können besonders komplexe und technisch schwierige Fälle an das ZKI weiterleiten.

  • Prävention ist ein zentraler Bestandteil des bayerischen Schutzkonzepts bei der Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Kindesmissbrauch. Das Projekt "Kein-Täter-werden-Bayern" unterstützt in Bamberg, München und in Regensburg Personen mit pädophilen Neigungen mit entsprechenden Therapieangeboten dabei, kein Täter zu werden. Daneben leisten die Psychotherapeutischen Fachambulanzen für Gewalt- und Sexualstraftäter in München, Nürnberg und Würzburg mit Außenstellen in Memmingen, Regensburg und Kulmbach einen wichtigen Beitrag.

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