Amtsgericht Neu-Ulm
07.11.2025

Konferenz der Justizministerinnen und -minister in Leipzig unter Vorsitz Sachsens / Bayerische Initiativen erfolgreich

Die Justizministerkonferenz ist ein wichtiger Impulsgeber für die Gesetzgebung in Deutschland. Bayern hat bei der 96. Justizministerkonferenz heute (7. November) in Leipzig erneut zahlreiche Initiativen erfolgreich eingebracht. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich, zugleich Sprecher der unionsgeführten Länder (B-Seite): "Wenn es um die Zukunft unseres Rechtsstaats geht, stehen alle 16 Bundesländer zusammen. Ich freue mich, dass zahlreiche Vorschläge aus dem Freistaat überzeugen konnten."

Die bayerischen Initiativen im Einzelnen:

  1. Strafrechtlicher Schutz vor hybriden Bedrohungen

Spionage, Sabotage, Desinformation: Hybride Angriffe auf Deutschland nehmen zu. Die Justizministerkonferenz hat sich auf Initiative von Bayern, Niedersachsen, Berlin und Thüringen dafür ausgesprochen, den rechtlichen Rahmen auf den Prüfstand zu stellen. Minister Eisenreich: "Viele der Straftatbestände stammen noch aus der Zeit des Kalten Krieges. Angesichts anhaltender Vorfälle wie Drohnenflüge über Flughäfen und Kasernen oder Fake News auf nachgeahmten Internetportalen muss der strafrechtliche Schutzrahmen für das 21. Jahrhundert fortentwickelt werden." Bayern hat dazu die Prüfung konkreter Maßnahmen wie die Einführung eines neuen Straftatbestands für Drohnenflüge mit Spionageverdacht gefordert.

  1. Neuer Straftatbestand Identitätsmissbrauch

Der Schutz der Menschen vor den Gefahren im digitalen Zeitalter ist ein zentrales Anliegen der Justiz. Kriminelle schlüpfen im Internet in die Identität einer anderen Person, um dann Dritte finanziell auszunehmen oder den Ruf ihrer Opfer zu ruinieren. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: "Daten und Informationen über Personen sind im Zeitalter der sozialen Medien häufig frei im Internet zugänglich. Damit wächst die Gefahr, Opfer von Identitätsmissbrauch zu werden. Der Diebstahl der Identität kann geahndet werden, beispielsweise als Verstoß gegen das Datenschutzrecht oder in Form der Datenhehlerei. Was fehlt, ist ein zielgenauer Schutz vor den teils gravierenden Folgen des Missbrauchs einer Identität." Die Justizministerkonferenz fordert auf Initiative Bayerns unterstützt von Berlin, Thüringen und dem Saarland gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Strafrecht zu prüfen und ggf. einen Gesetzentwurf vorzulegen.

  1. KI-Tools für Kinderpornografie unter Strafe stellen

Die Zahl der mit künstlicher Intelligenz (KI) erstellten kinder- und jugendpornografischen Bilder und Videos steigt rasant. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich fordert, das Herstellen, Verbreiten und Zugänglichmachen von KI-basierten Modellen oder Modellmodifikationen zur Erzeugung kinder- oder jugendpornografischer Inhalte unter Strafe zu stellen. Eisenreich: "Das Missbrauchspotenzial von KI ist enorm. Straftäter sind mit die Ersten, die neue technische Möglichkeiten für sich nutzen. Deshalb müssen nicht nur die Inhalte selbst, sondern auch KI-Tools zum Herstellen solcher widerwärtigen Bilder strafrechtlich verfolgt werden." Bislang ist der Umgang mit diesen Modellen nicht immer von den bestehenden Strafvorschriften erfasst. Die Justizministerkonferenz unterstützt die gemeinsame Forderung von Bayern, Berlin und Sachsen-Anhalt, diese Strafbarkeitslücke zu schließen.

  1. Videoanhörung im Abschiebungshaftverfahren

Die Justizministerkonferenz unterstützt einen bayerischen Vorschlag zu Abschiebungshaftverfahren. Den Gerichten soll es künftig erlaubt werden, Betroffene in Verfahren zur Anordnung von Abschiebungshaft per Videokonferenz anzuhören. Eisenreich: "Wir benötigen eine zeitgemäße Regelung. An Bayerns Gerichten wurden von Oktober 2021 bis Juni 2025 mehr als 55.000 Verhandlungen digital geführt. Die Videokonferenz-Technik ist etabliert. Qualitativ hochwertige Videoanhörungen entlasten alle Beteiligten und ersparen den Betroffenen wie auch der Polizei teils mehrstündige Transporte."

  1. Bürokratie-Abbau beim Digital Services Act

Die Justizministerkonferenz setzt sich auf Vorschlag Bayerns und Sachsen-Anhalts dafür ein, die Strafverfolgungsbehörden im Kampf gegen strafbaren Hass und Hetze zu entlasten. Anlass ist eine Vorschrift im EU-Regelwerk für Internetplattformen, dem Digital Services Act (DSA). Art. 10 Abs. 3 DSA sieht vor, dass Behörden, die Auskunftsanordnungen z.B. gegenüber sozialen Netzwerken erlassen, diese Anordnungen an die Bundesnetzagentur übermitteln müssen. Eisenreich: "Diese Regelung betrifft Ermittlungsinstrumente, die in einer Vielzahl von Verfahren zum Einsatz kommen. Allein das Übermitteln dieser Anordnungen würde einen enormen Zusatzaufwand bedeuten, der unsere Ermittlerinnen und Ermittler bei ihrer wichtigen Arbeit behindern könnte." Die Justizministerkonferenz bat auf Vorschlag Bayerns und Sachsen-Anhalts die Bundesjustizministerin, sich insbesondere gegenüber der Bundesnetzagentur weiterhin für eine enge Auslegung der Übermittlungspflicht einzusetzen, auf deren Grundlage strafprozessuale Auskunftsanordnungen nicht umfasst werden.

  1. Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern

Die Justizministerkonferenz fordert auf Bestreben Bayerns und Berlins eine Reform der gesetzlichen Grundlage für die Überweisung einer strafrechtlich untergebrachten Person in eine andere Maßregel und regt dazu eine Klarstellung in § 67a Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) an. Ziel: Die Überweisung von der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in den Vollzug einer Entziehungsanstalt (oder umgekehrt) muss möglich sein, auch wenn die Voraussetzungen für die ursprünglich angeordnete Form der Unterbringung nicht (mehr) erfüllt sind. Genau das verbietet die aktuelle Rechtsprechung. Eisenreich: "Selbst wenn ein Urteil schon rechtskräftig ist, muss es möglich sein, auf neue Erkenntnisse, die sich im Laufe einer Behandlung ergeben, zielgerichtet zu reagieren."

  1. Stärkung der Betreuungsvereine

Die Justizministerkonferenz fordert auf Initiative von Hamburg, Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt, die mit einem Mitarbeiterwechsel einhergehenden bürokratischen und finanziellen Belastungen für Betreuungsvereine zu reduzieren. Konkret sollen u.a. die Anfangs- und Schlussberichtspflichten im Falle des Betreuerwechsels innerhalb des Vereins auf den Prüfstand gestellt werden. Eisenreich: "Betreuungsvereinen dürfen bei Mitarbeiterwechseln keine unnötigen Steine in den Weg gelegt werden."

  1. Rechtsdienstleistungsgesetz

Die Initiative aus Bayern, den Rechtsschutzversicherern künftig die außergerichtliche Rechtsberatung von Kunden zu ermöglichen, hat keine Mehrheit gefunden. Eisenreich: "Die Justiz ist für die Menschen da. Viele wünschen sich bequeme und schnelle Lösungen unmittelbar durch einen Versicherer. In vielen anderen europäischen Ländern dürfen Rechtsschutzversicherer bereits außergerichtlich beraten. Diese Option sollte Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland nicht verwehrt werden."

Die Bilanz des bayerischen Justizministers: "Die 96. Justizministerkonferenz war erneut eine wertvolle rechtspolitische Ideenschmiede. Wir sind zuversichtlich, dass die neue Bundesregierung diese wichtigen Themen angeht."

Fotos der Justizministerkonferenz sind hier verfügbar.

Dauerausstellung Weiße Rose Saal

Ihren Mut zur Freiheit haben die Geschwister Scholl und vier ihrer Freunde mit dem Leben bezahlt. Wohin es führen kann, wenn die Dritte Gewalt im Staate ihre Unabhängigkeit verliert, zeigt die Dauerausstellung Willkür "Im Namen des Deutschen Volkes".


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Wussten Sie eigentlich …?

… dass die Fachgerichtsbarkeiten, d.h. die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bayern nicht zum Justizressort, sondern zum Geschäftsbereich der jeweiligen Fachministerien gehören?